Tagebuch von Marnek Espenhain
Rushuk Geisterklaue und Vogt Brinsböckel

Der Nachmittag war noch nicht weit fort geschritten, nachdem sich der Staub der Schlacht langsam legte und alle Verwundeten mehr oder weniger gut versorgt waren. Kajani huschte schon wieder herum, ihr war wohl das Wölfchen abhandengekommen. Ich durchsuchte die Hütte und fand ein wenig Schnaps, Fleisch und Gold, aber nichts herausragend Interessantes. Die Gefangene wurde befragt, stand Rede und Antwort, beschuldigte einen Vogt Answin Brinsböckel den wir am nächsten Tag aufsuchen wollten, aber sonst… Der Abend verlief unspektakulär, und die Nacht ruhig. Am nächsten morgen dauerte es mit dem Frühstück, Travian schienen schon wieder die Vorräte auszugehen. Bohnensuppe am morgen… ich gab ihm das gefundene Fleisch zum einkochen, aber das würde dauern. Für mich eine gute Gelegenheit, MaLuf etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Das Thema Kräutersuche hatten wir noch nicht vertiefend und abschließend behandelt. Aber so etwas Profanes wie Vierblattbeeren sollte er eigentlich hin bekommen – dachte ich. Zumindest in der Theorie ging er das Ganze nicht schlecht an. Als Suchort wählte er den Wald, auf jeden Fall richtig. Die Jahreszeit ist auch gerade passend. Aber in der Praxis scheinen wir doch noch etwas üben zu müssen. Wie ein blinder Ochse stiefelte er durchs Unterholz, zügig an einem ordentlich mit Beeren behangenen Busch vorbei – dafür begann er auf einmal in irgendwelchen Tierexkrementen zu wühlen und versuchte mir zu erklären, dass es leichter sei die Beeren die ein Tier gefressen hat zu finden, als welche am Gebüsch. Widerlich! Wenn er welche gefunden hätte, ich hätte sie ihn direkt fressen lassen… hat er aber nicht. Ich nahm daher einfach die 3 Beeren mit die ich gefunden hatte und zeigte ihm seinen Fehler. Wir wollten uns gerade auf den Rückweg machen, als uns bewusst wurde, das wir von Orks umringt waren. Nicht eine Hand voll, nein, das waren Dutzende! Sicher an die 200 Exemplare, angeführt von einem besonders stattlichen, mit Kram behängten Ork, der selbstbewusst auf uns zu kam und sich als Rushuk Geisterklaue vorstellte. Was für ein Zufall, genau der Ork den wir suchen sollten!

Gemeinsam gingen wir zurück ins Lager und unterhielten uns dabei. Er war ein wenig ungehalten, anscheinend wollte er mit seinem Trupp die Wölfe erledigen, aber da waren wir ihm zuvor gekommen. Im Lager war die Überraschung auf jeden Fall groß. Sindaja meinte, sich zuerst einmal Respekt verschaffen zu müssen, vulgo sich mit dem größten und stärksten Ork prügeln zu wollen, was ihr diesmal erstaunlich gut gelang. Daraufhin wurde sie zumindest als Gesprächspartnerin wahrgenommen. MaLuf erlaubte sich auch noch einen Scherz und beschmierte Bärwulf mit der Scheiße, die er die ganze Zeit an der Hand hatte. Mich hätte das ja gestört, aber für ihn war es nicht einmal wichtig genug, sich direkt waschen zu gehen. An der Hygiene müssen wir wohl auch noch arbeiten. Auf jeden Fall war schnell klar, dass der Vogt Answin unser nächstes Ziel sein dürfte. Um das Kopfgeld für die Wölfe nicht zu verschenken wurden die Leichen enthauptet und verbrannt, die Köpfe in einem Sack mitgenommen.

Das Gut des Vogtes war gar nicht mal so weit weg, etwa ein halber Tagesmarsch. Ein beschaulicher Fleck, den wir erst einmal nicht in Panik versetzen wollten indem wir direkt mit 200 Orks einfielen. Also gingen wir zivilisierten voraus und baten beim Vogt um Audienz. Die erhielten wir auch, ein gepflegter Mann, etwa 50 Götterläufe mit graumeliertem Haar – genau wie die Gestalt, die den Mord in Gashok begangen hat und die ich in der Retrospektive gesehen hatte. Sindaja lies ihr unglaubliches diplomatisches Geschick spielen – und konfrontierte ihn direkt mit den Anschuldigungen, hieß ihn in seinem eigenen Haus die Handschuhe ablegen, trat forsch auf und war überhaupt recht angriffslustig. Dann hieß sie mich, ihn zu überprüfen, wir suchten ja einen Magier. Er war keiner, das war gewiss. Aber dafür hingen an seinem Körper manigfaltige Artefakte, eines davon offensichtlich, um seine Tätowierung an der Hand zu überdecken. Und aus dem Augenwinkel nahm ich noch etwas war, verdrängte dies aber vorerst. Eine kurze Abschweifung der Diskussion zu MaLuf und was er den kosten würde – sein Angebot lag bei 500 Dukaten und einem Fuhrwerk! Machte der zornige MaLuf mit einem Zwingtanz gegen den Vogt ein Ende… das konnte er also auch schon ganz gut. Nachdem er ausgetanzt hatte und Sindaja immer insistierender wurde, sich auch nicht vom Büttel des Hauses verweisen lies und den Vogt mehr und mehr verbal in die Ecke drängte – wir ihm mit den Orks drohten und auf seiner Schuld bestanden… verschwand dieser auf einmal vor unseren Augen. Potzblitz! Kurz darauf war ein rumpeln aus dem Stall zu hören. Kajani begann seelenruhig ihren Bogen zu benutzen, und Sindaja polterte wie eine Eisenlawine zu ihrem Zossen. Ich beobachtete das treiben noch kurz, die ersten beiden Pfeile die in dem Gaul des Flüchtenden einschlugen und Sindaja, die zu Pferd hinterher jagte, bevor ich mich wieder dem Haus widmete. Da war doch noch etwas gewesen… richtig, das etwas im Augenwinkel. Noch einmal wechselte ich die Sicht und tatsächlich, ein purpurumflortes, fliegendes Auge im Raum, das auf uns herab glotzte. Es gab wohl noch einen Drahtzieher,  und der wusste nun schon Bescheid. Ich versuchte, mit dem Druidendolch das Ding zur Strecke zu bringen, aber damit Kämpfen war nichts, was mir nahe lag und so verfehlte ich auch den ersten Stich. Das Auge hingegen glotzte mich an, schwoll mehr und mehr an, wurde immer furchterregender, bis ich den Anblick nicht mehr aushielt und schreiend aus dem Raum, aus dem Dorf und den Weg hinunter rannte.

Es dauerte bestimmt 5 Minuten, bis ich mich beruhigte. In dieser Zeit war einiges geschehen. Die Orks waren auf dem Weg ins Dorf, der Vogt gefangen, und alles in Bewegung. Anstatt ihn den Orks zu überlassen behielten wir den Vogt, der dafür seinen Herrn, einen Magier in Lowangen namens Xerwolf Hartsteen oder so, verpfiff. Geisterklaue vernichtete das gräuliche Auge, als wäre es nichts! Dieser Ork hatte Macht! Im Zuge unserer schnellen Abreise versorgten wir uns noch mit dem nötigsten. Einem Fuhrwerk, das Kajani und Bärwulf lenken würden (für die Schränke, ich brauche die Teile!) und ein wenig „Reisekasse“ aus dem Tresor des Vogts, dessen Kombination ich mir als er ihn einmal öffnete dank meines hervorragenden Gedächtnisses leicht merken konnte.

MaLuf war recht frei, den Ork Geisterklaue immer wieder zu fragen ob er ihm helfen könnte zu lernen, aber ihn schreckte dann wohl die Aussicht auf den Blutzoll, den er Tairach zu entrichten hätte. Dafür erwarben wir von den Orks, die so etwas als Schmuck an ihren Waffen hatten, zwei Stücke Obsidian, die sich vielleicht von MaLuf zu seinem Dolch verarbeiten lassen würden mit etwas Geschick. Der Rückweg nach Lowangen brachte dann nicht mehr viel Erstaunliches mit sich. Auf dem Weg sammelte ich noch ein wenig Ulmenwürgerblüten, die MaLuf tatsächlich erkannte. Seine Prüfung machte erfreuliche Fortschritte. Im Lager der Wölfe, das Geisterklaue nun in Beschlag nahm, richteten wir uns für die Nacht ein. Ich ließ den Schrank auf das Fuhrwerk laden und dann ruhten wir. Niemand griff uns an… kein Wunder, umgeben von 200 Orks. Das wäre Selbstmord gewesen.

Dieser Eintrag wurde am 25.07.2016 (07:36) verfasst und 705 mal aufgerufen.
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