Ich fühlte mich, als wäre ich aus einem Traum aufgewacht. Ich lag im Wald am Rande der Salamandersteine – und ich war mir sicher, die vergangene Zeit nicht verschlafen und verträumt zu haben. Aber genau so erschien es mir. Nur das ich mich viel zu intensiv an diesen Traum erinnern konnte, und die Erinnerung verblasste auch nicht mit der Zeit.
Ich war allein, von meinen Gefährten keine Spur, obwohl ich erst einmal einen Tag lang nach ihnen suchte. Ich brauchte einige Tage mich zu orientieren und zurück in die Zivilisation zu finden. Die Salamandersteine waren doch auf ihre eigene Art ein Urwald. Aber ich war ja nicht zum ersten Mal in der Wildnis. Und nachdem ich einfach begann einem Bach zu folgen der unweigerlich in den Neunaugensee münden würde, war es auch nicht schwierig in die Lande der Menschen zurück zu finden. Elfen wollten sich aber keine Zeigen.
Da ich nichts mehr weiter zu tun wusste machte ich mich von Donnerbach auf nach Trallop, wo ich noch Bericht erstattete, bevor ich beschloss über Gareth zurück nach Kunchom zu Reisen. Wir gingen einfach davon aus, dass die anderen ähnlich wie ich früher oder später aus ihren „Träumen“ erwachen würden und von selbst die Elfenwälder verlassen würden. Dort nach Ihnen suchen zu wollen wäre vermutlich vergebene Liebesmüh gewesen.
Mit Pferd und Maultier machte ich mich auf den Weg und hinterließ die bitte, mir eine Nachricht nach Gareth oder Kunchom zu senden, wenn die anderen wohlbehalten zurückgekehrt waren. Hier auf der Straße blieb ich auch nicht lange allein. Bereits nach kurzer Zeit kam ich an eine Stelle, wo gerade eine Rotte Orks versuchte den Zug eines Händlers mit seiner Bedeckung zu überfallen. Der klassische Baumstamm auf der Straße um die drei Wagen aufzuhalten. Ich hatte nicht den Eindruck das sie zwingend meine Hilfe gebraucht hätten. Aber es gehörte sich ja trotzdem seinen Mitmenschen beizustehen – also Ritt ich an einen der Orks heran der meinte sich verstohlen im Hintergrund anschleichen zu müssen und fällte ihn mit zwei kräftigen Hieben meines Streitkolbens. Sie dankten mir und wir setzten den Weg gemeinsam fort, da sie ebenfalls gen Gareth fuhren. Sie transportieren Baumaterial für den Wiederaufbau und meine Belohnung für die Hilfe war ein Baumstamm. Mal sehen, ob ich diese Belohnung überhaupt in Anspruch nehmen würde. Warum wir allerdings den gefährlicheren Weg über Wehrheim nahmen und nicht den leichteren, wenn auch weiteren über Greifenfurth erschloss sich mir nicht.
Viel interessanter war jedoch, dass sich in dem Tross eine Dame befand die ich kannte. Die Heilerin Yazinda mit der ich schon einmal auf der Spur der Wolfsfährte in Schwarztobrien unterwegs gewesen war reiste mit dem Händler. Und auch wenn es schon etliche Jahre her war das wir uns zuletzt gesehen und dann aus den Augen verloren hatten, war ich doch hocherfreut über das bekannte Gesicht. Die Reise verlief aber ansonsten im Rahmen der üblichen Unannehmlichkeiten in der Wildermark ohne besondere Vorkommnisse.
Es war anfang Rondra als wir in Gareth ankamen. Ich lud Yazinda ein in meinem Haus ein Gästezimmer zu beziehen und meine überraschte Haushälterin eilte sogleich auf den Markt um alles für ihr berühmtes Schmorhühnchen für das Abendessen zu besorgen. Die anderen Männer, die man mittlerweile im Haus einquartiert hatte, Nuri Sahin und Fringlas Seehof, waren leider nicht in der Stadt. Das wäre sicher ansonsten ein spannender Abend geworden.
Es war schon am nächsten Tag, ich wunderte mich woher das so schnell bekannt wurde, dass mich ein Brief erreichte. Der Verfasser, so dass denn sein richtiger Name war, war mir jedoch unbekannt – ein Drego von Angenbruch. Wunderlich war nur, dass er, wenn auch nur Andeutungsweise über meine bisherigen Aktivitäten, selbst die im Verborgenen für das Reich ausgeführten, irgendwie Bescheid wusste. Kurz gesagt wurde mir angetragen zu beginn des Traviamonds in der Rolle eines Teilnehmers als stiller und unauffälliger Beobachter wider das borbaradianische Geschmeiß am 76. Donnersturmrennen zum Wohle des Reichs teilzunehmen. Dies alles sollte im Namen des Reichs, der jungen Kaiserin und der Letzten Schwadron erfolgen, so wie ich mich schon einmal um die Kornquerelen gekümmert hatte. Auch wenn ich wohl diesmal unter meinem eigenen Namen würde auftreten können. Ich würde mir sogar noch eine geeignete Begleitung aussuchen dürfen, die sich am besten mit den Sitten der Maraskanern – warum auch immer – auskennen sollte, aussuchen dürfen. Nun, was für ein Glück, das ich da gerade Yazinda zur Hand hatte… mein Kontaktmann, wenn ich mein Einverständnis gab, wäre der Custodus des Museums für Reichsgeschichte.
Natürlich war ich einverstanden. Wenn meine Kaiserin ruft, würde ich ihr auch in einem Kriegszug in die Niederhöllen folgen. Da war die Teilnahme an einem Wagenrennen keine Frage. Und allein die Ehre an diesem Rennen teilnehmen zu dürfen war ja schon mehr als Lohn genug. Auch wenn mir meine Rolle dabei noch etwas unklar war, denn einen Streitwagen fahren konnte ich natürlich nicht. Wie sie sich das vorstellten, ob ich auf dem Wagen dann mitfuhr oder nebenher ritt, würde sich erst noch zeigen müssen.
Wir gingen am nächsten Tag ins Museum, vorgeblich wollte ich Yazinda, die ich noch nicht eingeweiht hatte, die Geschichte der Stadt zeigen. Der Custodus war ein Mann mittleren Alters, der mit uns zunächst wenig anfangen konnte, als wir nach verschiedenen Exponaten fragten. Als ich jedoch meinen Namen nannte und ihn von einem gemeinsamen Freund grüßte wandelte sich sein Verhalten von einem auf den anderen Augenblick. Yazinda war erstaunt über die Ehrerbietung, die er mit einem Mal entgegenbrachte – und ich im Übrigen auch! Aber da er nun die Führung übernahm, er hatte wohl den Auftrag erhalten uns weiterzureichen, wand ich nichts weiter ein. Er führte uns aus dem Museum fort durch die Stadt und brachte uns zur berühmten Stellmacherei Ferrara. Das hätte mich nun wenig gewundert angesichts der Aussicht eines Wagenrennens. Aber wen uns diese berühmte Wagenschmiede nun an die Seite stellte, das weckte doch meine Neugier.
Wir wurden dann nach und nach allen weiteren Beteiligten vorgestellt, nachdem ich Yazinda als Auswahl meines Vertrauens präsentiert hatte und sie zustimmte mich zu begleiten. Zunächst war da Arbol Ferrara, der anscheinend das Unternehmen leitete und auch der Konstrukteur des Wagens war, den wir bald zu sehen bekamen. Seine kindliche Begeisterung für sein Meisterwerk fand ich erfrischend. Das Gesicht, also Aushängeschild, unserer Renngruppe kam für mich überraschend. Ein junger angehöriger des albernischen Fürstenhauses ui Bennain namens Callen. Wo und wie man ihn wohl eingekauft hatte? Aber zumindest schien er aufrechten Herzens zu sein und war für einen hochadligen erstaunlich umgänglich – zumindest solange wir unter uns waren und es nicht öffentlich zugange ging. Ich hatte zwar den Eindruck das er noch etwas grün hinter den Ohren war, aber wie er sich schlagen würde wenn es hart auf hart kam würde ich noch früh genug erfahren denke ich. Zumindest schien er in der Waffenkunst geschult, zumindest wenn es nach dem massiven Zweihänder ging den er über der Schulter trug. Zuletzt stellte uns ein Kerl namens Alrik, der wohl auch irgendwie zu den Ferraras gehörte, unseren Fahrer vor. Einen Zwerg – seit wann fuhren Zwerge denn Streitwagen!? – namens Kugor. Der Kurze war für einen Vertreter seines Volkes ein recht lustiger und offener Geselle und von uns mindestens genauso überrascht, wie wir von ihm.
Als nächstes durften wir unseren Streitwagen bewundern, einen Dreispänner. Ich konnte mir da kein Urteil bilden, ich hatte von Wagen ja keine Ahnung. Aber wenn es ein Ferrara war – Typbezeichnung Ferrara-Blitz – musste er gut sein, oder? Zumindest Kugor als unser Wagenlenker und damit hoffentlich vom Fach schien recht angetan von dem Wagen zu sein. Jetzt ergab sich auch schon unsere Reiseordnung. Kugor würde mit Yazinda, die nicht einmal reiten konnte, auf dem Wagen fahren, während ich mit Callen als Bedeckung nebenher reiten würde.
Wir machten uns bekannt und ich hatte den Eindruck, das wäre eine Truppe mit der das Reisen Spaß machen könnte. Ob wir als Renngruppe auch erfolgreich sein konnten… das würden wir sehen müssen. Ich war ja auch nicht der beste Reiter. Aber dafür ja lernfähig. Wir sollten uns nun einige Dinge aussuchen, um die wir unsere Ausrüstung für die Reise ergänzen wollten. Yazinda, wenig verwunderlich als Heilerin, hatte eine längere Wunschliste an Kräutern und Medizin, die sie gerne mitnehmen wollte. Kugor machte sich mehr um Ersatzteile für den Wagen und Werkzeug sorgen. Mir würde das was mich bisher schon auf so vielen Reisen begleitet hatte genügen. Aber es gab da noch einige Sachen dich ich bei dem Rennen nützlich finden würde. Was man mir aus dem ein oder anderen Grund nicht besorgte waren ein Klappspaten (Kugor hatte schon einen), Orazal (zu teuer) und Goldleim (noch viel zu teurer). Aber ich erhielt eine Holz- und eine Metallfeile, ein Fischernetz, 20 Schritt Schnur sowie 5 Lederschläuche mit jeweils 10 Unzen Hylailer Feuer sowie 5 passende leere Tonkugeln. Sowas konnte man immer brauchen… falls es galt einige unehrenhafte Schwarzländler zu bekämpfen umso mehr.
Wir machten uns zeitig auf den Weg nach Barburin wo das Rennen beginnen sollte und kamen dort am 2. Travia an. Kugor nutzte die Fahrt dorthin um sich mit dem Wagen und dem Gespann vertraut zu machen. Nach allem was ich sag verstand er sich auf sein Handwerkt recht ordentlich. Zumindest an ihm würde es nicht liegen, wenn wir beim Rennen zurückfallen sollten. Callen schien zudem ein besserer Reiter zu sein als ich – also musste ich mir Mühe geben, uns nicht auszubremsen.
In Barburin war schon alles für das bevorstehende Fest der Helden und den Start des Rennens bereit. Eine riesige Menge hatte sich vor den Mauern der Stadt bereits ein Lager gebaut. Wir begaben uns zunächst zum Rondratempel um uns dort als Teilnehmer anzumelden. Das versammelte Volk jubelte uns auf dem Weg durch di Stadt zu und machte respektvoll Platz. Vermutlich hätte ich mich von jedem zu Ihnen setzen und einladen können, und man hätte mich mit Freuden die nächsten Tage bis zum Vollsuff bewirtet – aber ich war ja in besonderer Mission hier. Rondra vergib mir, aber diese sechsarmige Abbildung Deiner… mich erinnerte sie zu frapierend an deinen Widersacher. Ich mochte die klassischen Darstellungen einfach lieber. Hier begegneten wir auch unserem ersten Kontrahenten. Gerborod der Weiße, der anscheinend schon zum dritten Mal an dem Rennen Teilnahm und eigentlich eher ins Altersheim gehörte. Aber dafür noch erstaunlich rüstig war. Und ein fröhlicher Geselle, dem man keine Bösartigkeiten unterstellen mochte. Ich schloss den alten Recken direkt ins Herz. Auch auf ihn würde ich ein wenig aufpassen, damit ihm nichts passieren mochte.
Dann suchten wir uns vor der Stadt einen Platz für die Zelte, der extra für die Rennteilnehmer freigehalten worden war. Dort trafen wir die nächste Teilnehmerin, die mit großem Pomp anrauschte. Und ich war mehr als nur ein wenig beeindruckt – Gilia, die Königin der Amazonen, gab sich die Ehre. Auf der anderen Seite, was wunder, wenn es um ein Rennen zu Ehren von Rondra ging. Vermutlich waren die Amazonen schon immer irgendwie mit von der Partie gewesen, auch früher.
Für den Abend erreichte uns und alle anderen Teilnehmer eine Einladung des Sultans in seinen Palast, wo die Teilnehmer des Rennens offiziell begrüßt und vorgestellt werden sollten. Es war ein Festbankett vom feinsten, das aufgetischt wurde. Und mir schwindelte ob der zahlreichen und illustren Namen die mir um die Ohren flogen wie Vögel. Zusätzlich zu den eher absonderlichen Teilnehmern, die es auch gab. Yppolita von Gareth, eine Rennfahrerin aus dem Hypodrom. HArayan ben Hasrabal, ein Sohn des gorischen Sultans. Kira vom Blautann und Emmerich ohne Land, ein Gespann das wohl eher als Ausenseiter gelten musste. Yorge Rastarson, ein seltsamer Barbar mit Nashörnern statt Pferden. Ein Gespann von Zwergen, bei dem Kugor ganz bleich wurde und erzählte, dass er deren Wagen Probegefahren hatte und sie sogar ein Katapult an Bord hätten. Ein älterer Norbarde Mann namens Sievening mit drei Begleitern, die unserer Truppe nicht unähnlich schienen. Ein Utulu aus dem Süden, der sich Boran der Zerstörer nannte und auf mich zwar gefährlich, aber trotzdem irgendwie eher lächerlich wirkte. Praia vom großen Fluss, eine Rondrageweihte und aus dem Hause vom Fluss und damit so etwas wie Callens natürlicher Feind. Reo Conchobair, ein Bastard des Schwertkönigs und Graf von Winhall, aber damit auch so etwas wie Callens Vasall. Eine Gruppe kleinwüchsiger runzeliger Gestalten, die Kugor voll Verachtung als Grolme identifizierte, wohl das absonderlichste was das Teilnehmerfeld zu bieten hatte. Eine Ifirne von Baliho, ich glaube eine Kriegerin der dortigen Akademie. Zu den seltsameren Gespannen gehörte Savine vom Svellt, eine rothaarige und ziemlich hübsch Maid in meinen Augen, wenn sie nicht einen räudigen Goblin als Begleiter dabeigehabt hätte. Und einige andere, die ich mir in all dem Trubel gar nicht gemerkt hatte. Mir schwirrte regelrecht der Kopf. Und wer davon Freund oder eher Feind war konnte ich mir bei den meisten noch gar nicht vorstellen.
Nach der allgemeinen Begrüßung und Vorstellung entspannen sich an den jeweiligen Tischen bei wirklich exquisiten Speisen und Getränken mehr oder weniger angeregte und freundliche Gespräche, je nachdem wie die Teilnehmer zueinander zu stehen schienen. Die Portionen der verschiedenen Gänge waren allgemein eher klein, aber dafür kamen auch ständig neue Aufgetragen. Da wir wegen Callen am Tisch der hohen Herrschaften saßen fühlte ich mich ein wenig fehl am Platz. Zwischen all den Erhabenheiten, Hochwohlgeboren und Blaublütigen war ich selbst in meiner ordentlichsten Garderobe fast wie ein Bettler am Tisch. Und doch ließ sich die eine oder der andere auch dazu herab auch einmal ein Wort mit mir zu wechseln, so als würde dies durch die Teilnahme am Wettrennen zumindest ein wenig gemildert. Die Amazonenkönigin selbst erzählte uns von Schwarzmaraskanern in der Warunkei, die wohl seit neuestem mit dem Nekromantenrat kooperierten und angeblich hätte man sogar welche in Brig-Lo, also im Herz des Reichs, gesehen, was auch immer diese dort wollten. Ein Zufall vielleicht, dass das Rennen auch dort vorbei führen würde? Aber für mich eigentlich recht nebensächlich, denn wenn sie mir über den Weg laufen würden, gäbe es ohnehin nur noch mit dem Streitkolben den Dialog zu führen. Als ich mich dem Schwert der Schwerter zuwandte um ihr mit leiser Stimme zu berichten, dass es vor Jahren meine Hand war, die Yelnan von Dunkelsteins leben beendet hatte, was ich bisher niemandem außer der Wolfsfährte erzählt hatte, war ich ob der Antwort doch etwas erschrocken. Nicht nur, das Ayla vom Schattengrund darüber bereits bestens im Bilde war und wohl auch deshalb mir gegenüber nicht wie eine Hochgeweihte dem einfachen Mann gegenüber Auftrat, sondern sie wusste anscheinend sogar, was ich in Zhe-Ta vollbracht hatte. Damit war sie wohl nur eine von sehr wenigen auf Dere, die sich dessen bewusst waren, welche Last ich getragen hatte. Kleinlaut und eingeschüchtert setzte ich mich wieder auf meinen Platz.
Es muss der sechste oder siebte Gang gewesen sein, als das Mahl eine unerwartete Wendung nahm. Es gab dabei einen bröckeligen Ziegenkäse mit einer grünen Olive. Und an letzterer verschluckte sich Harayan ben Hasrabal. Hustend und röchelnd beugte er sich vorn über und schien keine Luft mehr zu bekommen. Jaja, Prinz sein, aber zu blöd zum Essen… Ich war der erste der Aufstand und ihm mit einem beherzten Schlag zwischen die Schultern das störende Objekt aus dem Halse trieb. Dabei klirrte es seltsam und ich spürte etwas hartes unter seinem Mantel, vielleicht ein Kettenhemd? Bei einem Zauberer? Das wäre aber seltsam… Aber anstatt sich bei mir zu bedanken begann er zu fluchen, unseren Gastgeber eines Mordanschlags auf sein Leben zu bezichtigen und zog seinen Waqif, einen gekrümmten Dolch nach Art der Novadis. Ich wollte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter legen, spürte noch etwas Hartes wie eine Panzerplatte. Also kein Kettenhemd, ein Spiegelpanzer gar? Meine Hand wurde zurückgeschlagen und ich aufs unflätigste Beschimpft, bis Ayla vom Schattengrund mit Fester Stimme auf den Tunierfrieden hinwies. Der Aufgebrachte prinzliche Popanz verließ daraufhin mit arroganter Geste den Saal – und nahm die bis dahin gute Stimmung gleich mit sich, so dass unser Gastgeber und das Schwert der Schwerter sich bemüßigt sahen das Fest für beendet zu erklären. Schade, ich hätte gern noch etwas gegessen und getrunken, satt war ich nämlich bis dahin nicht geworden.
Das war auch der Grund warum ich im Anschluss mit Yorge Rastarson noch zu einer der Garküchen ging, ihm ging es nämlich genauso. Wir konnten uns zwar nicht unterhalten weil er nur den thorwalschen Dialekt sprach den ich nicht verstand, aber die Gesten für Essen, Trinken, Freund und Feiern sind zum Glück ja recht allgemein verständlich. Als wir zurück kamen herrschte bei unseren Zelten große Aufregung. Insbesondere Kugor stand mit hochrotem Kopf da und wedelte mit einem Brett vor meiner Nase herum. Während wir zur Feier waren hatte sich anscheinend jemand an unserem Wagen zu schaffen gemacht und nicht nur die Achse nahe der Aufhängung angehobelt, sondern auch eines der Ersatzbretter angesägt. Und Yazinda und Callen hatten Butterblumen, die frisch für Pferde giftig waren, in ihrem Futter gefunden. Den Pferden schienen wir das Futter noch rechtzeitig ausgetauscht zu haben, bevor da etwas passieren konnte. Aber Yorges Nashörner schienen dem Geruch nach in der Nacht ordentlich Durchfall zu haben. Ich frage mich nur… wo bekommt man bitte hier unten im Travia frische Butterblumen her? Das war doch etwas seltsam. Und Kugor würde sich jetzt wohl um die Reparatur des Wagens kümmern müssen. Wer auch immer das getan haben mochte… den Tunierfrieden würde ich dieser hinterhältigen Made auf meine ganz persönliche Art angedeihen lassen…
Und damit waren die unangenehmen Überraschungen noch nicht vorbei. Wir stellten nun zur Sicherheit Wachen auf. Aber am nächsten Morgen, als Callen sich wieder um die Pferde kümmerte, war ihr Stallplatz von einer Schaar widerlicher gelbgrüner Mücken bevölkert, die sich insbesondere um ihre Fesseln zu sammeln schienen. Und nicht nur bei uns, im Fahrerlager war dies anscheinend allgemein der Fall. Yazinda, die eilig hinzu kam diagnostizierte einen mishkaratischen Befall der zu Huffäule führen würde, wenn man nichts dagegen tat. Bei den Zwölfen, wo kam das jetzt schon wieder her? Das war sicher ebenfalls kein Zufall…
Um all der Probleme Herr zu werden teilten wir uns nun auf. Ich würde unsere Lager bewachen, auch das unseres Nachbarn Gerborod. Damit den Pferden nichts weiter geschah tilgte ich die Mücken jedoch schon einmal auf die Schnelle mit einer Welle der Reinigung, so dass hier die Gefahr zunächst gebannt war. Callen schickte sich an in den Rondratempel zu eilen um Bericht zu erstatten und das ungeheuerliche Geschehen anzuzeigen. Kugor wollte eine Stellmacherei suchen um die nötigsten Reparaturen in die Wege zu leiten. Und Yazinda ging mit Gerborod in den Perainetempel, um dort Hilfe für die Pferde der Teilnehmer zu finden. Die beiden waren auch die ersten die mit einer Schaar recht aufgebrachter Priester zurück kamen um mit heiligen Kräutern und Rauchwerk die Mücken zu vertreiben. Ich behauptete mit Yazinda zusammen, wir hätten die Mücken mit der Hand erschlagen, die ich mir dann gründlich waschen sollte. Die über Nacht entstandenen Fraßwunden an den Fesseln der Pferde waren allerdings nun ein weltliches Problem, um das sich bei uns Yazinda kümmern durfte. Callen begleitete die Priester um zu sehen, welche unserer Konkurrenten von den Mücken ebenfalls betroffen waren. Wenig verwunderlich, den Nashörnern schienen sie nicht viel angehabt zu haben. Und Ypolitta von Gareth fragte gar nicht nach der Hilfe der Priester. Reo Conchobair schien einen eigenen Magier dabei zu haben, ein Mann in grauer Robe, der das Problem wohl für ihn gelöst hatte. Und Svinja vom Svellt und ihr Goblin schienen ebenfalls nur wenig betroffen gewesen zu sein. Dafür bekam ich hinter einem nahen Zelt einen recht Lautstarken Streit mit, bei dem Ifirne von Baliho Kira vom Blautann als Mörderin bezichtigte, die sie nun der Tunierleitung melden würde.
Kugor kam recht zufrieden zurück und schien alles notwendige für die Reparaturen Zustande gebracht zu haben. Da Yazinda sich die nächsten Stunde um die Beine der Pferde kümmern würde und ich mich erbot die Wache über die Lager weiter zu übernehmen mussten Callen und Kugor nun allein zum angesetzten Rondradienst zur Mittagsstunde gehen, wo die Bedingungen der Wettfahrt verkündet werden sollten. Ich ließ mir dies alles dann im Nachgang von Callen berichten. Die Strecke war, wie ich schon gehört hatte, wohl auf Geheiß Rondras selbst gewählt worden. Allerdings würde es nicht genügen nur als erster ins Ziel in Perricum zu kommen, sondern dort würden vier Fragen zum Leben des Heiligen Leomar zu beantworten sein, deren Lösung man auf dem Weg finden konnte. Die Fragen waren:
1. Was steht geschrieben an jenem Ort, an dem der Heilige Leomar von Baburin den Donnersturm erstmals aus den Händin der Leuin entgegen nahm?
War das nicht sogar hier in Baburin gewesen? Wir sollten nicht abfahren, bevor das geklärt wäre…
2. Was steht geschrieben an jenem Ort, an dem der Donnersturm auf Alverans Geheiß hin geschmiedet wurde?
Hatte nicht Kugor erwähnt das Angrosch, also Ingerimm den Wagen gemacht hatte? Aber natürlich kein Wort davon, wo das gewesen sein mochte.
3. Was steht geschrieben an jenem Ort, an dem der Heilige Leomar von Baburin zu Grabe getragen wurde?
Ich hätte in der Praiostagsschule besser aufpassen sollen… wo war nochmal sein Grab?
4. Was steht geschrieben auf der Scheide des Schwertgehänges des Heiligen Leomar?
Das war jetzt aber wirklich eine Frage… woher sollte man den wissen, wo die Kirche diese Reliquie wieder versteckt hält?
Das Rennen würde am nächsten Tag eine Stunde nach Sonnenaufgang beginnen sollen. Ich würde also vermutlich noch einen langen Nachmittag oder sogar die Nacht in den Archiven des Rondratempels verbringen dürfen um das Leben des Heiligen noch einmal nachzulesen…
Bevor ich mich auf den Weg macht bat ich noch Callen, ob er vielleicht einmal ein Wort mit Ifirne von Baliho wechseln könnte, warum sie Kira vom Blautann als Mörderin bezichtigt hatte. So von Krieger zu Krieger, ich dachte mir, auf ihn würde sie vielleicht eher positiv reagieren als auf mich. Allerdings schien er daran kein besonderes Interesse zu haben. Dann machte ich mich auf in den Rondratempel um ein wenig in deren Schriften nachzuforschen. Yazinda bat mich noch, ihr auf dem Weg getrockneten Belmart zu besorgen, weil sie ihren Vorrat an unseren Pferden aufgebraucht hatte. Aber dazu kam ich den restlichen Tag leider nicht mehr.
Die Idee mit dem Rondratempel, oder besser das fehlende Wissen, hatte anscheinend nicht nur ich. Etliche Rennteilnehmer fanden sich vor oder nach mir dort ein, darunter auch Gerberod und Ifirne, die mich recht arrogant als Bauer bezeichnete, weil ich iin ihren Augen zu wenig Gold in die Opferschale geworfen hatte. Aber während die Dame von Baliho anscheinend eher dem Wettbewerbsgedanken nachhing und ihre Erkenntnisse lieber für sich behielt oder verschleierte, verstand ich mich mit dem alten Gerberod auf Anhieb ziemlich gut. In meinen Augen machte es auch überhaupt keinen Sinn, dass ich eine Schriftrolle fand in der sich vielleicht ein Hinweis fand, während er neben mir stand, diese dann zurücklegte, nur damit er sie ein paar Wimpernschläge später ebenfalls zur Hand nahm. Da konnte ich ihm doch auch direkt sagen, was ich gefunden hatte… alles andere würde unsere wertvolle Zeit verschwenden, oder? Und er sah das anscheinend genau so, deswegen teilten wir unsere Erkenntnisse einfach miteinander. Außerdem mochte ich den Alten, er hatte einen recht guten Humor und wir zusammen irgendwie immer etwas zu lachen. Als ich dann noch meinte, ich würde es ohnehin doof finden, das manche Teilnehmer wie Yorge überhaupt keine Möglichkeit hatten das zu gewinnen, selbst wenn sei vielleicht perfekt fahren würden. Der Gute konnte mit Sicherheit nicht lesen, deswegen würde ich ihm bei Bedarf auch jederzeit helfen und mein Wissen mit ihm teilen. Das fand Gerberod eine gute Geste von mir, meinte gar, das wäre Großzügig und damit eine der ritterlichen Tugenden. Und angesichts der ungeordneten Schriften und deren schieren Masse im Archiv mahnte er mich dann zur Geduld, das wäre die zweite der Zwölf Tugenden. Keine Ahnung was er mit den ritterlichen Tugenden und mir hatte, da wäre er wohl bei Callen besser aufgehoben, aber das schien im ein rechtes Anliegen zu sein.
Manche der Dinge die wir herausfanden waren mir schon geläufig, andere hingegen neu. Und die Rondrianer hatten sich wohl darauf eingestellt Fragen zu beantworten, denn in einem Nebenraum stand ihr Archivar, der Zwerg, für unsere Frage bereit. Das der Donnersturm von Leomar, der übrigens das Vorbild oder der Erfinder für die zwölf ritterlichen Tugenden war, auf den Donnersturmfeldern vor Baliho verdient worden war, war jetzt nicht überraschend. Er war nach Geron dem Einhändigen auch der nächste Träger Siebenstreichs und war wohl nie begraben worden, sondern läge angeblich irgendwo in einem ewigen Schlaf, den Rondra ihm geschenkt hat um seine Erzfeindin, eine schlangenzüngige Zauberin, später erneut zu bekämpfen, wenn Rondra selbst ihn dereinst wecken würde.
In einer der Quellen waren die Worte von einem Rahandra-Priester, der mit Leomar ins Gebirge ging um ihm den Donnersturm zu übergeben. Nach einer Diskussion mit dem Archivar war klar, das ich hier zunächst auf der falschen Fährte war. Ich hatte irgendwie zuerst an Rahja gedacht, aber Rahandra schien eine altertümliche Ausprägung des Rondra-Kults zu sein, und das in der Schrift bezeichnete Mosaik schien sich im Rondratempel von Fasar zu finden, der auf den Fundamenten eines alten Rahandra-Tempels erbaut worden war. Was bedeutete, das Gebirge in das sie gezogen waren müsste der Raschtullswall sein. Aber hier würden wir dann direkt in Fasar wohl mehr erfahren. Hierzu war auch von einer Sphinx die Rede, die Leomar diesen Weg gewiesen hatte. Das würde sicher spannend werden, vielleicht würden wir ja sogar selbst eines dieser mythischen Wesen treffen? Wenn Leomar den Wagen im Raschtullswall erhalten hatte mochte sich dort dann auch etwas dazu finden, wo er geschmiedet worden war. Kugor meint ja ständig, dass sein Gott Angrosch ihn für Rondra angefertigt hätte.
Das Ganze deckte sich dann auch mit einer späteren Erkenntnis. Der Archivar Thorgrim, Sohn des Tuvar wieß uns eine Stunde vor Sonnenuntergang zum Grab des unbekannten Helden zu kommen, dort würde von der Kirche etwas enthüllt. Wir taten wie geheißen, als dort in der Dämmerung unter großem Pomp der steinerne Sarkophag für alle Rennteilnehmer die gekommen waren geöffnet wurde. Er war leer. Die eine Quelle, die darauf verwiesen hatte das Leomar in Barburin bestattet worden wäre, war also irreführend. Blieb noch, das er gar nicht zu Grabe getragen wurde, sondern tatsächlich irgendwo seine heilige schlafende Ruhe gefunden hatte. Bei dieser Enthüllung waren zwar viele, aber bei weitem nicht alle Rennteilnehmer Anwesend. Zumindest Ragner, Savine und der Zerstörer fehlten, wie mir auffiel. Die schlangenzüngige Zauberin interpretierte ich als eine der verkommenen Nachfahren und Erben Borbarads, die ihr Unwesen angeblich nun auf Maraskan trieb. Vor ihr sollten wohl auch die Gerüchte um Leomars letzte Ruhestätte seinen schlafenden Leib vor seiner Feindin schützen, weswegen es nun an uns lag sein wahren „Grab“ zu finden. Damit waren aber auch alle Rennteilnehmer auf einmal Geheimnisträger der Rondrakirche. Zu diesem Thema würden wir weitere Hinweise im Rondratempel zu Alt-Gareth finden. Konnte das denn war sein? Quasi bei mir vor der Haustür? Hätte ich das mal vorher gewusst…
Und zu dem Schwertgehänge, also insbesondere wer es gefertigt hätte, würde wir Hinweise in Brig-Lo finden. Damit war die vorgesehene Reiseroute noch einmal sowohl abgesteckt als auch erklärt. Ich machte mich nach der Zeremonie noch einmal auf und suchte auf den Donnersturmfeldern mit Yorge zusammen, der etwas hilflos wirkte, nach dem Platz, an dem Leomar mit Rondra gesprochen haben könnte. Aber das war gar nicht so einfach, denn auf den Feldern standen Dutzende Schreine. Nach einiger Suche schienen wir den ältesten davon gefunden zu haben. Ein Block aus grauem, verwitterten Stein den eine Inschrift und ein schwarzer Stein zierte. Wie wir es am Ende interpretierten, insbesondere nachdem ich noch Kugor hinzugezogen hatte, erhielt Leomar den Streitwagen wohl wirklich im Raschtulsswall, weil er die Art Steine der da eingelassen war als Quarzglas bezeichnete, das er dort in den Bergen und dem Bergkönigreich seines Volkes schon gesehen hätte. Zumindest schienen sich die zahlreichen Hinweise soweit zu verdichten, dass uns vermutlich der Weg auch dorthin führen mochte.
Während Kugor sich dann darum kümmerte die hoffentlich fertige Ersatzachse abzuholen und einzubauen machte ich mich zu später Stunde noch auf zum Perainetempel. Mir ließen diese Mishkara-Fliegen einfach keine Ruhe. Dort konnte man mir meine Fragen zwar nicht wirklich beantworten, insbesondere nicht zu deren Herbeirufung oder gezielten Lenkung, aber hier hatte man eingesickerte Oronis im Verdacht, das rennen vielleicht aus Prinzip sabotierten. Die Theorie überzeugte mich zwar nicht so recht, allein ich konnte auch keine andere präsentieren, wenn man nicht einem der Rennteilnehmer Dämonenbündlerei vorwerfen wollte.
Als ich zu später Stunde zurückkam war ich rechtschaffen Müde und legte mich eilig zu Bett. Kugor und Callen würden die nächsten Wachen übernehmen. Und das war dann auch das Problem. Anscheinend gab es ein großes Feuer im Fahrerlager, und ich war so müde, dass ich den ganzen Trubel nicht mitbekam. Aber nicht, das eine unserer Wachen es für nötig empfunden hätte mich zu wecken! Nein, das konnte man ruhig ignorieren… Ifirne von Baliho waren Opfer des Brandes geworden, noch bevor das Rennen nun begonnen hatte. Ich war ehrlich zornig mit Callen und Kugor. Hätten sie mich geweckt, ich hätte die beiden vielleicht retten können! Gut, woher sollten die beiden das Wissen, aber trotzdem. Wenn ein Großbrand im Lager tobt lässt man doch niemand einfach schlafen! Als ich mir die Feuerstelle ansah sah sie seltsam aus, so als ob der Brand vom Zelt weg nach außen geflossen war. Ich hatte einen furchtbaren verdacht… und der bestätigt sich, als ich an der erkaltenden Asche roch. Diesen Geruch, dieses Brandmuster kannte ich doch… hier hatte jemand mit Hylailer Feuer gearbeitet! Eilig sah ich nach, aber mein persönlicher Vorrat davon war unangetastet. Rondra sei‘s gedankt, wenigstens deswegen würde ich mir keine Vorwürfe machen müssen, wenn ich schon das Helfen verschlafen hatte.
Eilig packten wir nun unser Lager zusammen und fuhren wie die übrigen Teilnehmer auch zum Start. Dabei stellte ich fest, das Yorge nicht der Einzige mit einem ziemlich exotischen Gefährt war. Einer der Wagen, ein recht leichtes Gerät, wurde von zwei vorgespannten Straußenvögeln gezogen. Und der Wagen der Grolme wurde von Wölfen gezogen! Ich bezweifelte aber ernsthaft, dass solche Dinger einen ernsthaften Ausblick auf den Sieg hatten. Kugor zog aus einem Beutel ein steinchen mit der Nummer 8 darauf, was dann wohl unser Startplatz war, als sich die Teilnehmer aufreihten. Vor uns nahm Boran der Zerstörer in seinem metallverstärkten Zweispänner seinen Platz, hinter uns die Quadriga von Praia vom Fluss mit ihren beiden Begleitern ein. Dann erhielten wir eine Münze mit einer Löwin und dem Wappen von Barburin darauf, die uns als Rennteilnehmer ausweisen würde. In Brig-Lo und Gareth würden wir dann weitere erhalten und diese mit ins Ziel bringen müssen. Dann wies man uns noch einmal darauf hin, dass kein Ersatz von Männern, Frauen oder Tieren während des Rennens erlaubt war. Wir würden also nicht nur gut auf uns, sondern auch auf unsere Pferde achtgeben müssen. Ab dem Start wäre es dann auch erlaubt seine Konkurrenten zu attackieren, nie jedoch die Tiere, immer nur die Teilnehmer und Wagen. Außerdem wäre es verboten stehende oder ruhende Gespanne anzugreifen. Das erste Ziel sollte die Brücke von Revenis sein von wo aus wir weiter nach den Antworten auf die vier Fragen suchten sollten. Zum Start sprach das Schwert der Schwerter ein wortgewaltiges Gebet und über den fernen Raschtullswall ließ Rondra ein gleißendes Wetterleuchten erstrahlen, als wir unsere Pferde mit einem knallen der Zügel in Bewegung setzten. Ein erhebender Moment!
Da wir im Firun der Stadt starteten, aber die Straße gen Revennis und Fasar im Praios lag, mussten wie Barburin umfahren, wollten wir nicht quer hindurch, was bei den Menschenmassen ein schier aussichtsloses Unterfangen geworden wäre. Ohrenbetäubender Lärm von den Zuschauern und Zugtieren erscholl um uns herum, das wie der Donner Rondras selbst wirkte. Praia vom Fluss hinter uns startete sehr schnell und drängte mich auf dem Pferd nach vorne, so dass ich bald neben unserer Kutsche statt schräg dahinter ritt. Kugor hielt die Spur sehr gut und den Abstand zu Boran nach vorne konstant, bis wir den mit Leinen abgespannten Bereich und die zuschauende Menschenmenge verlassen hatten. Über die Schulter sah ich, wie weit hinter uns bereits ein Gefecht zwischen Harajan ben Hasrabal und König Arkos Shah entbrannte. Die beiden Erzfeinde schienen ihren Streit gleich zu Beginn des Rennens ausfechten zu wollen. Vor uns blieb Boran der Zerstörer bei einem Manöver an einem der zahllosen Schreine hängen, aber seinem stabilen, eisenverstärkten Wagen schien dies wenig auszumachen. Es knirschte einmal kurz, dann fuhr er unbeeindruckt weiter. Kugor, der ihm hinterher fuhr rumpelte fast auch noch auf den beschädigten Schrein auf, konnte aber den Blitz noch knapp drum herum steuern. Endlich auf der anderen Seite Baburins angekommen mussten wir uns irgendwo zwischen den zahllosen Bäumen die die Straße nach Revennis säumten in die Allee einfädeln. Gar nicht so einfach, da der Abstand zwischen den Stämmen sehr unregelmäßig war und für unseren Dreispänner meist zu schmal. Wir brauchten etwas einen Pfad zwischen den Bäumen zu suchen, wo unsere Kutsche hindurch passte. Als wir endlich eine aussichtsreich erscheinende Lücke fanden versuchte der Norbarde Dergej Basiliskentöter, vorher 3 Plätze hinter uns, vor uns an der gleichen Stelle zu sein um uns zu schneiden und seinen grobschlächtigen Kastenwagen hineinzuzwängen. Kugor ließ die Zügel schnalzen und beschleunigte, um dies zu verhindern. Da hörte ich ein verdächtiges pfeifen von hinten, ritt einen leichten Schlenker nach links und stieß einen warnenden Ruf aus, ohne genau zu wissen was gerade geschah. Etwas Dunkles flog über mich, fiel vor uns auf den Boden und eine Wolke Staub wogte auf. Mit einem Blick über die rechte Schulter sah ich von hinten, noch vor den noch kämpfenden Fürsten, den Zwergenwagen mit seinem Katapult herangekommen. Das war also kein Witz von Kugor gewesen, sie schienen auf uns geschossen zu haben!
Dergeij schaffte es wegen der nun schlechten Sicht knapp vor uns durch die Lücke und zwang Kugor, sich hinter ihm einzureihen. So fuhren wir erst im hinteren Teil des Feldes in die Allee ein, denn etliche kleinere Wagen hatten sich einfach zwischen den Bäumen hindurchgemogelt. Hinter uns reihte sich Rondrina mit ihrem schmalen Straußenwagen ein, kam aber nicht an uns vorbei, weil Kugor mittig in der Straße fuhr und diese für ihr schnelles Gefährt blockierte. An einer etwas breiteren Stelle setzte Kugor sogar zum Überholen des Norbardenwagens an, aber der Norbarde beschleunigt ebenfalls und fuhr sogar noch mehr Vorsprung. Aber mit der Blitz holten wir dies schnell wieder auf und Kugor schaffte es sogar in einer Kurve links an dem anderen Wagen vorbei zu ziehen. Noch weitere 70 Schritt voraus in einer Staubwolke sahen wir Boran mit seinem schweren Karren fahren. Aber nach dem Sprintrennen gerade eben ließ Kugor unseren Wagen wieder in einen normalen Trab für die Dauerfahrt fallen um die Pferde zu schonen, und auch der Norbarde schien den gleichen Gedanken zu haben und versuchte nicht, erneut an uns vorbei zu ziehen.
Bis zum Nachmittag fuhren in der Hitze des Tages weiter, aber die Bäume der Allee spendeten wenigstens etwas Schatten und verschafften uns mit dem Fahrtwind Linderung. Außen herum war weites, fruchtbares grünes Land mit Äckern, Weiden und Bauernhöfen beiderseits der Straße zu sehen. In der größten Hitze des Tages, gegen die dritte Stunde, sahen wir vor uns am Ulan Barut, ein Fluss der hier das Land zerteilte, ein ummauertes Städtchen neben dem eine mittelreichische Zwingburg auf einem Hügel stand. Das musste Revennis sein, was bedeutete das wir doch ein ordentliches Tempo vorgelegt hatten um die gut 40 ersten Meilen zurückzulegen. Wir umfuhren die Stadt und sahen vor uns eine schmale, eiserne Brücke über den Fluss. Und das sollte es sein? Das war in meinen Augen so ziemlich die dümmste vorstellbare Brückenkonstruktion! Links und rechts der eigentlichen Brücke waren sogar, weil diese an sich viel zu schmal war, Fischerkähnen als Pontons mit weiteren Eisenplatten zu Wasser gelassen und vertäut, um den Rennkutschen die Passage überhaupt zu ermöglichen! Wie sollte das denn im normalen Verkehr eine dienliche Brücke sein? An der Engstelle warteten bereits einige Wagen, einer befand sich gerade auf der Brücke, während sich jenseits schon eine Staubwolke entfernte. Anscheinend wollte niemand das Risiko eingehen mit zwei Gefährten gleichzeitig die schwankenden Pontons zu befahren, auch wenn der Fluss hier nur etwa 15 Schritt breit war. Borans Schergen direkt vor uns legten mit Bögen und Speeren Sperrfeuer auf die Brücke, während Thesia Gilia von Kurkum darüberfuhr. Aber von so einer Lappalie ließ sich die Amazonenkönigin mit ihren tapferen Mädels natürlich nicht wirklich beeindrucken. Hätte Boran sich das im laufenden Rennen auf offener Fläche erlaubt, ich vermute die Amazonen hätten ihn einfach aus dem Weg geräumt… Direkt vor der Brücke stand Praia vom großen Fluss und wartete darauf, dass sie auf die Brücke kam. Yorge schien interessanterweise mit seinen Nashörnern schon auf der anderen Seite zu sein und schirrte diese gerade wieder an. Er hatte die massiven Biester wahrscheinlich einzeln hinüber bugsieren müssen.
Wir schlossen nun nach vorne auf, wurden aber von Boran und seinen Schergen dabei nicht angegriffen und mussten deswegen auch den Frieden wahren – keine stehenden Gespanne angreifen... Schade. Das wäre eine gute Gelegenheit gewesen den Unsympath aus dem Rennen zu nehmen. Als Gilia drüben war setzte Praia ihr Gefährt in Bewegung und fuhr wackelig und langsam ebenfalls hinüber. Die erweiterte Brücke reichte gerade so aus für ihr Gefährt. Als danach Boran hinüber setzte ging ich mit Callen direkt hinter ihnen her, weil Kugor ein schlechtes Gefühl hatte und hinterhältige Absichten vermutete. Und er sollte recht behalten! Kugor kümmerte sich um die Ferrara mit den zwei abgeschirrten Außenpferden während Yazinda mein und Callens Pferd an den Zügeln führte. Der Gladiator, der Boran auf dem Wagen begleitete, stieg noch während der Überfahrt ab und rannte ans andere Ufer. Boran schnalzte die Zügel und fuhr etwas flotter los noch während er auf der Brücke war. Der Gladiator fing, kaum das er das Ufer erreicht hatte, an auf die Seile der Pontons einzuhacken. Was für ein Hund! Abr er bekam, was er verdiente. Callen schoss ihm erstaunlich geschickt einen Pfeil ins linke Bein. Ich sprintete los um aufzuschließen und die Gelegenheit zu nutzen, wenigstens einen der Begleitfahrer aus dem Rennen zu nehmen. Aber Boran und seine Schergen stellten sich dem Kampf nicht, sondern flohen unverrichteter Dinge und verschwanden vor uns in einer Staubwolke, während Kugor noch den Blitz über die Brücke führte.
Er hatte dabei ernste Probleme den nur mit vom Mittelpferd gezogenen Streitwagen wegen der hinten angebundenen Pferde herüber zu bekommen, hielt die nervösen Tiere aber mit der Peitsche irgendwie in der Spur. Hinter ihm kam der Norbarde mit seiner Mannschaft, wartete aber friedlich. Als nächstes stellte sich der dreiachsige Zwergenwagen mit den Ponys davor in die Reihe. Das Zwergengespann schoss erneut mit dem Katapult, diesmal knapp vor Kugors erstes Pferd. Wieder wallte eine starke Staubwolke auf. Unsere Pferde erschraken. Das hinterste Pferd rutschte von der Brücke ins Wasser, nur 4 Schritt entfernt vom Ufer entfernt. Das würde ich diesen miesen Zwergen heimzahlen! Ich sprang spring zu unserer Kutsche und schnitt das Pferd vom Wagen los um zu verhindern, dass es diesen mit sich von der Brücke riss. Dann sprang ich zu ihm in den Fluss und zog es in Richtung der Böschung. Dort angekommen sah ich mir die Überreste des Geschosses der Zwerge an. Ein aufgeplatzter mit weißem Pulver gefüllter Beutel. ‚Fein gemahlene Kreide. Kein Wunder, dass es so staubte. Dergeij setzte unterdessen ebenfalls über. Da seine Pferde nur zu zweit nebeneinander angespannt waren ohne diese abzuschirren. Er sagte noch im Vorbeifahren lachend zu Yazinda „Rennen gewinnt man nicht im schneckentempo“ und schob diese dabei mit unseren von ihr geführten Pferden vorwärts. Dann zog er davon, während Kugor unser Gespann noch fertig machte.
Die Straße auf dieser Seite des Flusses stellte sich als deutlich schlechter heraus, als wir endlich wieder losfuhren. Sie war hier nicht mehr gepflastert, sondern nur noch geschottert. Es war schon spät am Nachmittag, fast schon Abend, als wir hinterherfuhren. Allerdings fuhren wir auch nur noch zwei Stunden weiter bevor wir ein Lager machen wollten, die Pferde sollten sich ja nicht gleich am ersten Tag völlig verausgaben. Das Rennen würde noch lange genug werden. Das Land wurde hügeliger und staubiger je weiter wir fuhren, aber zum Abend hin fanden wir eine Karawanserei zum Einkehren die etwas abseits der Straße auf einem Hügel lag.
Dort standen bereits mehrere Wagen. Die Zwerge schirrten gerade die Ponys aus. Auch Dergeijs Kastenwagen war da. Der Zwergenwagen, den ich nun das erste Mal richtig Gelegenheit hatte in Augenschein zu nehmen, hatte eine glatte, geschlossene Oberfläche. Eine offene Lucke oder gar einen herausragenden Löffel konnte ich nicht erkennen. Kugor erläuterte mir, dass sich die Decke in der Mitte geteilt war und sich mit einem Mechanismus nach innen einklappen ließ. Ich hätte gern einen Nagel ins Heck getrieben um die Klappe zu blockieren, aber das wäre vermutlich gerade recht auffällig. Vielleicht später…
Nur um sicher zu gehen nahmen wir unser Essen draußen beim Wagen ein. Einmal sabotiert zu werden reichte uns aus. Eine kurvenreiche, hellhäutige Dame bewirtete uns und hatte anscheinend ein Auge auf Callen geworfen, wie uns Yazinda erzählte. Wir teilten uns wachen ein und auch die Zwerge schienen es so zu halten. Kugor erzählte beim Essen, dass er angesichts der Mada schnell abgelenkt war, selbst wenn er sieh nicht sah. Also würden wir ihn wohl bei den Wachen besonders im Auge behalten müssen. Das Problem schien er aber nicht zu haben, wenn er in einem Haus oder unter Tage war. Da wir uns die letzten Wochen etwas nähergekommen waren und ich den Eindruck hatte den anderen soweit trauen zu können, erzählte ich nun meinerseits als wir sicher unter uns waren, dass ich im Namen des Reichs hier sei um auf ihre Sicherheit zu achten und auch den ein oder anderen magischen Trick dafür anwenden konnte. Yazinda wusste das ja bereits, Callen schien mir ehrenhaft genug das er selbst als Albernier der mit dem Reich gerade im Zwist lag einen Vertrauensvorschuss genießen konnte und Kugor schien ernsthaft daran gelegen das Rennen zu gewinnen und uns nicht zu hintergehen.
Kugor machte die erste Wache mit Yazinda zusammen, ich würde die zweite mit Callen nehmen. Während wir noch miteinander sprachen hörte ich erst einen Wolf heulen, dann kamen die Grolme mit ihrem Klapperwagen und zischten durch die Gegend. Sie trieben die Wölfe aus der Karawanserei, stellten ihren Wagen ab und gingen selbst zum Essen hinein. Wäre es in den Augen Rondras verwerflich, wenn ich jetzt nach draußen und auf Wolfsjagd gehen würde?
Zum Abend gab es Kamelmilch, Fladenbrot und einen süßen Eintopf mit Weinbeeren und Früchten. Ungewohnt, aber tatsächlich recht schmackhaft und sättigend. Dergejs Wagen wurde im Hof dauerhaft von seinem Zwerg bewacht, eine vernünftige Maßnahme, und er selbst kam ein wenig zu uns zum Plaudern herüber. Er lobte Kugor für seine Fahrkünste und unseren Wagen. Das ging diesem natürlich runter wie Schmieröl und er wurde gleich zwei Spann größer. Als ich ihn aus reiner Neugier fragte gab er mir Auskunft, er hätte seinen Basilisken im Totenmoor im Bornland getötet. Wenn ich noch einmal dort hinauf käme würde ich mich nach ihm erkundigen, nach so einer Tat sollte man ja zumindest eine lokale Berühmtheit sein. Dann lernte ich auch noch seine Begleiter kennen weil wir gemeinsam auf einen Schluck in die Herberge gingen. Die bleiche Elfe hieß Tijantiel und seine Söldnerin, die ähnlich wie ich einen Streitkolben schwang, Gatana. Den Zwerg Hulosch ließen sie anscheinend länger bei ihnen im Wagen sitzen. Die meisten in der Karawanserei waren Reisende, aber ein Tisch war mit Damen aus der Umgebung besetzt. Diese wies ich höflich auf die Wölfe der Grolme hin, welche derzeit frei herumliefen, sie sollten wohl besser auf ihre Herden aufpassen. Und insgeheim hoffte ich natürlich, dass es dabei den ein oder anderen Wolf erwischen würde. Die Wirtin fragte nach Callen, auf den sie wohl ein lüsternes Auge geworfen hatte. Vielleicht war er ja mit etwas Süßem wie Konfekt zu Ködern? Ich trank noch zwei Bier mit Dergej und seinen Begleitern. Die Wirtin kam aber kurz danach unverrichteter Dinge, also ohne Callen, und etwas geknickt zurück. Er hatte ihr wohl doch einen Korb gegeben. Und, nur nebenbei, die Grolme bekam ich diesen Abend überhaupt nicht mehr zu Gesicht, vermutlich hatten sie sich auf ihr Zimmer verzogen.
Dorthin ging ich dann auch und legte mich ins Bett, um rechtzeitig zur Wache wieder fit zu sein. Aber es blieb eine ruhige Nacht. Am Morgen nahmen wir zu einem kurzen Frühstück nur Tee und Brei und brachen bald auf, schon eine halbe Stunde nach Morgengrauen. Einen Vorsprung brachte uns das aber nicht, denn alle anderen auch hielten es genauso und die 3 Grolme waren sogar noch früher los, leider immer noch mit allen 4 Wölfen. Wir fuhren kurz vor Dergeij vom Hof und starteten in gemütlichem Trab. Als ich durch das Tor hinausritt schrie jemand hinter mir im Hof laut auf, woraufhin mein Pferd erschrak. Ich konnte es aber gerade noch im Zaum halten. Als ich über die Schulter sah blickte mir eine grinsende Gatana hinterher. Die blasse Elfe saß auf einem zotteligen Paavi-Pony aus dem hohen Norden. Das arme Tier würde wohl später in der Wüste ziemlich leiden…
Wir trabten etwa ein Stündchen dahin, dann sehen wir die Grolme vor uns. Ihre Wölfe mochten vielleicht kurzzeitig schnell sein, aber an ihrer Ausdauer hatte ich ernste Zweifel. Kugor fuhr beim Überholen nah an den Grolmenwagen heran und gab die Sicheln des Blitz frei. Beim ersten Anlauf fuhr er zu schnell am anderen Wagen vorbei. Dabei schrie er einmal kurz auf, hat sich dann aber schnell wieder im Griff, setzte noch einmal neu an, fuhr dann auf die Grolme auf und vergrubt seine Sicheln in deren Wagen. Späne flogen und es ratschte heftig. Einer der Grolme legte mit einer Armbrust an, was Yazinda veranlasste ebenfalls ihren Bogen zur Hand zu nehmen. Während sie aber vorbei schoss wurde Kugor vom Armbrustbolzen direkt in den Helm getroffen, der vibrierend darin stecken blieb, während Kugor das Blut übers Gesicht rann. Ein weiterer Versuch sie zu rammen wahr wohl nicht unbedingt risikofrei, deswegen zogen wir nun lieber an den schimpfenden Grolmen vorbei. Yazinda kümmert sich noch beim Fahren um kugors Verletzung, damit ihm das Blut in den Augen nicht die Sicht nehmen würde. Als Schiffsmedica war sie schwankende Untergründe ja gewöhnt…
Gegen Mittag fuhren wir auf eine größere von einer Mauer umgebenen Ortschaft mit einem kleinen Flusshafen namens Yakshabar zu. Das Tor war seltsamerweise unbewacht. Auf seine Art wirkte das tulamidische Dörfchen mit seinen weiß gekalkte und blaue geschmückten Häusern richtig pitoresk. Leider fanden wir den Grund, warum keine Wache zu sehen waren nur zu bald. Ein Stau hatte sich im Dorf gebildet. Der Straußenwagen von Rondrina kam vor uns in Sicht, umgeben von einer Menschenmenge, davor noch der schwere Wagen Borans. Und noch davor die Liebfelderin Onerdi, die bereits fast am zentralen Platz angekommen war. Aus der aufgebrachten Menge waren Stimmen zu vernehmen: „Verdammter Blutsauger, diesmal will er alles von uns. Sondersteuern.“ Die örtliche Sultana hatte offenbar ihren Steuereintreiber Nihama Wassa geschickt um eine Sondersteuer von allen durchfahrenden zu verlangen. Sie wollte sich offenbar an unserer heiligen Wettfahrt bereichern, was ja schon an sich schändlich genug war. Hinter uns kamen bereits die Zwerge heran, woher auch immer, während wir zwischen den Leuten feststeckten.
Langsam schoben wir uns nach vorne. Auf dem Platz in der Mitte des Dorfes sahen wir den Steuereintreiber mit einer ganzen Schwadron Reiter die sich dort und am Flusshafen postiert hatten. Aber wie es schien waren wir nicht die einzigen, die keine Lust hatten das Säckel der örtlichen Potentatin zu füllen. Kugor und die Zwerge hinter uns vereinbarten nch einem kurzen Austausch, nach Beschuss mit dem Katapult und durchbrechen zu wollen. Yazinda warnte alle anderen Rennteilnehmer, außer Boran gegen den sie offensichtlich einen persönlichen Groll hegte. Die Zwerge schossen wie vereinbart, diesmal mit einen Feuertopf, hinter die Reiter des Steuereintreibers, worauf deren Pferde scheuten. Der überraschte Steuereintreiber sprang schreiend vom Wagen der Liebfelderin. Aber nicht nur wir, auch das einfache Volk schien seine Chance zu wittern gegen die Sondersteuer aufzubegehren, es brach ein allgemeiner Tumult aus. Kugor fuhr gerade so los, dass die Leute vor ihm noch ausweichen konnten. Auch vom Hafen her war ein kleiner Tumult zu hören. Wir stießen in den schwarzen Qualm des Feuertopfes und hindurch. Die Reiter der Sultana nahmen zwar die durchbrechenden Wagen mit ihren Bögen unter Beschuss, aber anscheinend nicht unbedingt uns im Besonderen. Der Rauch war ziemlich dicht. Weswegen ich seitlich gegen eine Mauer ritt, die ich nicht gesehen hatte. Sowohl ich als auch mein Pferd nahmen dabei einige Schrammen mit, aber ich brachte Rondrikan schnell wieder unter Kontrolle und ritt dann hinter Kugor her, der selber zwischen den Häusern vom Straußenwagen ausgebremst wurde. Als wir auf der anderen Seite aus dem Ort heraus kamen erwartete uns die offene Straße, hinter uns folgten johlend die Zwerge. Der gemeinsame Bund und Friede war wohl nur von kurzer Dauer, denn schon flog wieder ein Beutel an mir vorbei und wirbelte seinen Staub auf. Langsam hatte ich die Nase von diesen Zwergen voll… Ich brach durch die Wolke und hatte nun Kreide im Mund und überall auf meiner Kleidung. Dafür überholten wir den Straußenwagen, der eine höhere Geschwindigkeit wohl nur kurz halten konnte. Nur Boran blieb weiter vor uns. Weit vor uns sahen wir Dergeij in seinem Kastenwagen, er musste um die Stadt außen rum gefahren sein, aber am Nachmittag konnten wir ihn ebenfalls noch überholen.
Bei der Mittagsrast, es war bereits früher Nachmittag, kümmerte sich Yazinda um mein Pferd, das Schrammen an der rechten Flanke von unserer Begegnung mit der Mauer hatte. Ich hatte diese zwar ebenso, tat das aber als lächerliche Kratzer ab. Danach ging es die Straße, die mittlerweile nicht mehr als eine Staubpiste war, einfach weiter entlang des Flusses Richtung Süden. Gegen Abend kam vor uns eine größere weiße Stadt auf einem Hügel neben dem Fluss in Sicht und bot einen unerwartet prächtigen Anblick. Kugor meinte, dass wäre Palmyrabad, die größte Stadt im weiten Umkreis. Im südlichen Teil gäbe es die Herberge Goldener Teekessel, die er in guter Erinnerung hätte. Wir kamen durch gut gepflegte und bewässerte Felder, Gärten und Obsthaine, alle noch grün als wäre es nicht schon Travia. Wir wurden von den Wachen am Eingang der Stadt freundlich gegrüßt. Am zentralen Platz erwarteten uns bereits weitere Wachen und ein Mann in grüner Pluderhose. Er grüßte uns im Namens Rondra und Rahjas, bevor er uns im Namen der Sultana einlud deren Gäste zum Abendmahl im Park der Lichter zu sein. Als insbesondere Kugor Zweifel zu haben schien versprach er, dass unser Wagen und die Pferde im Palast sicher seien, ja, er schwor sogar bei Rahja, nachdem Callen und Yazinda immer noch skeptisch waren. Wie also hätte man eine so freundliche Einladung ablehnen können?
Wir folgten der Ehrengarde den Hügel hinauf zu einem prächtigen Palast. Dort stellten wir Pferde und Wagen unter und wurden selbst in den Gästeflügel geführt. Die Höflichkeit gebot, dass wir uns nun frisch machten, ich nahm sogar ein kurzes Bad in leicht gewärmten Rosenwasser und erhielt angemessene Kleidung, nachdem ich auf so ein Ereignis nun wirklich nicht vorbereitet war. I’ch erhielt Pluderhosen, Strümpfe, leichte Lederschuhe und eine enganliegende Weste. Dann führte uns der Wesir in den Lichterpark zu der Sultana deren Ehrengäste wir sein sollten. Nach Rücksprache mit Callen hatte ich nur einen Dolch mitgenommen, alles andere wäre wohl unhöflich gewesen. Kugor wollte unbedingt beim Wagen bleiben, aber ich traute dem Wesir und am Ende hatten wir auch ihn überzeugt uns zu begleiten. Es ging den Palastberg hinunter in den Tempelgarten der Rahja. In den Bäumen hingen unzählige bunte Lampions. Sogar ein kleiner See mit einer Insel darauf zierte den Park. In einem offenen Zelt wartete die Sultana Rashpatana al Kira auf uns. Sie war eine junge, sehr hellhäutige Frau mit üppigen Rundungen. Ihre rot und blau wallenden Schleier betonten ihre Rundungen noch. Sie erkannte in Callen den standesgemäßen Ansprechpartner und widmete sich die meiste Zeit ihm, auch wenn wir ebenfalls vorgestellt wurden. Ich hielt mich eher im Hintergrund. Mit lokalen Adligen klar zu kommen war doch eher Callens Aufgabe. Der Tisch stand mit vielen Schüsseln und Speisen voll. Das Essen war ausgesprochen lecker, aber ich hatte zunächst eher Durst. Dummerweise stieg mir der schwere Wein schnell zu Kopf, was sich am nächsten Morgen rächten sollte. Die Sultana machte sich unterdessen recht offensiv an Callen heran, was diesen aber nicht im Geringsten zu stören schien, und am Ende des Essens zog sie sich mit ihm unter reichlich zweideutigen Bemerkungen zurück in Richtung des Rahjatempels. Den würden wir wohl so schnell nicht wiedersehen… Yazinda reinigte vor dem Zubettgehen noch kurz meine Kratzer, aber viel bekam ich davon gar nicht mehr mit, sondern ich schlief lieber meinen Rausch aus.
Im nächsten Morgengrauen frühstückten wir, machten Wagen und Pferde fertig und warteten dann vor dem Rahjatempel auf Callen, der noch nicht wieder aufgetaucht war. Irgendwann verlor Yazinda die Geduld und ging hinein um nach ihm zu sehen. Während wir noch warteten war Hufklappern zu hören. Der leichte Zweispänner mit Savine, ihrem Goblin und einer Söldnerin in Leder und Umhang zu Pferd als Begleitung trabte an uns vorbei. Wo blieb Callen jetzt, wir mussten weiter! Ich winkte Savine nach und warf ihr sogar noch eine Kusshand hinterher, was sie mit einem irritierten Gesichtsausdruck quittierte. Es dauerte gefühlt ewig, bis Callen endlich fertig war. Immerhin kam er recht entspannt und motiviert an den Start und trug dabei ein Seidentuch am Arm. Bevor wir loskamen preschte noch die Quadriga mit Reo Conchobair und seinen drei Begleitern, 2 Söldnern und dem grauen Magier, an uns vorbei. Ich wusste zwar nicht wie weit, aber wir schienen im Teilnehmerfeld ordentlich durchgereicht worden zu sein…
Kugor hatte am Nachmittag praioswärts von Palmyrabad einen kleinen Unfall, dessen Reparatur uns weit zurückwarf. Steine und Schlaglöcher… die Straße verdiente hier den Namen eigentlich nicht mehr. Später am Nachmittag überholten uns dann Arkos Sha und Hasrabal, will wir nur mit reduzierter Geschwindigkeit weiterfahren, eher holpern, konnten. Damit waren wir jetzt vermutlich letzter. Die anderen erzählten irgendwelche seltsamen Geschichten, dass wir von Jagdgras verfolgt würden, den Teil hatte ich wohl irgendwie verdöst. Aber Gefahr bestand anscheinend nicht übermäßig, denn wir waren sicher zu Pferd und mit dem Wagen trotzdem schneller als jedes Unkraut. Dennoch fuhren wir bis in die Dunkelheit hinein, zumindest solange, bis wir Hasrabal an seinem Lagerplatz überholt hatten. Sollte er sich doch dem Problem mit dem Graß annehmen, falls es uns wirklich folgte. Als wir spät in der Nacht einen vermutlich bebauten Hügel sahen, zumindest strahlte von dort Feuerschein herunter, stellte Yazinda fest, dass ihr wirklich etwas von dem lästigen Gras am Bein festgewachsen war und sie riss es sich aus dem Fleisch, was eine blutende wunder hinterließ. Callen war zwar ebenfalls, aber nur leichter Befall, dafür war sein Pferd stärker bewachsen und wurde zunächst versorgt. Callen ritt dann den Hügel hinauf um nachzusehen, was dort sei. Er war erst kurz in der Nach verschwunden, da hörten wir von oben ein dumpfes grunzen und grollen, dann rief Callen etwas Unverständliches, das wir als „hoch da“ interpretierten, weil er vermutlich einen Lagerplatz gefunden hatte. Allerdings hörte sich der nächste Laut den wir vernahmen eher nach einem schmerzverzerrten Grunzen an, was seltsam schien, danach ein lautes Klirren als würde etwas auf ein Kettenhemd einschlagen. Wir waren etwa 200 Schritt von dem Hügel entfernt und ich ließ mein Pferd in einen leichten Trab fallen. Kurz bevor ich den Hügel erreichen konnte hörte ich einen dumpfen Aufschlag auf den Boden, gefolgt von einem Schmerzensschrei Callens. Als wir oben ankamen lagen dort ein Oger und daneben Callen reglos am Boden, ein weiterer Oger stand über mit erhobener Keule über ihm. Ich steig ein Dutzend Schritt vorher dem Untier ab und stürmte mit Schild und Streitkolben in der Hand vor. Zwei kräftige Hiebe von mir und einer von Kugor, bevor mein Schild knirschend einen Keulenhieb abfangen musste, mit dem dritten Schlag fällte ich das Monstrum. Yazinda übernahm es sofort sich um Callen zu kümmern, schien aber Schwierigkeiten zu haben, weswegen wir ihm dann zur Sicherheit doch einen Heiltrank gaben. Einen von meinen, bei denen ich mir der Qualität sicher sein konnten. Als er zumindest wieder atmete trug ich Callen zum Feuer.
Das Lager befand sich zwischen etlichen fast kreisrund angeordneten Findlingen, in der Mitte brannte ein Feuer und es stank erbärmlich. Yazinda versorgte Callen ordentlich auch mit Salben und Verbänden. Ich unterstützte sie zusätzlich mit einem Balsam auf die Brust, weil sein Atem noch seltsam rasselte als ob er Probleme beim Atmen hätte. Dann dämmerte auch schon der Morgen, weswegen wir noch bis Mittag Pause machten, was uns noch weiter zurückwerfen dürfte, aber ich glaube wir wären ansonsten vor Müdigkeit vom Pferd gefallen. Kugor hielt allein Wache und weckte mich nicht einmal, obwohl ich ihn darum gebeten hatte. Yazinda kümmerte sich vor dem aufbruch noch um ein weiteres Pferd, dem Kugor Gras aus dem Bein gerupft hatte, während der Zwerg jetzt doch noch ein wenig schlief. Jetzt waren wir vermutlich wirklich die letzten, als wir gegen die zweite Stunde in der größten Mittagshitze aufbrachen.
Dafür kamen wir heute auf dem Weg gut voran. Als es auf Abend zu ging waren wir noch so Wach und ausgeruht, dass wir in die Nacht hineinfuhren bis wir das Dorf Yaspilil erreichten. Auf ein freundliches Klopfen am Tor musterte uns eine Kriegerin zunächst misstrauisch, öffnete aber, als ich uns als Rennteilnehmer vorstellte. Immerhin seien wir keine „dreckigen Novadis“, womit sie offenbar Hasrabal meinte. In der Karawanserei waren wir auch nicht alleine, da Rondrina von Barburin mit ihrer berittenen Begleiterin hier ebenfalls die Nacht verbrachte. Hasrabal hatte dagegen anscheinend ein Haus im Süden der Stadt für sich requiriert.
Bisher war es mir gar nicht recht bewusst gewesen, aber die beiden Damen waren nicht sehr ziemlich hübsch, sondern auch noch sehr jung. Vermutlich sogar jünger als Yazinda, also vielleicht gerade einmal um die 20 Götterläufe alt. Und ihre Kettenhemden und Lederhosen standen ihnen. Da ohnehin nicht viel Gesellschaft in der Herberge war setzten wir uns zu den beiden, ich verließ den Tisch allerdings bald wieder, da ansonsten unser Wagen unbewacht gewesen wäre. Und ein Risiko wollte ich nach den Erlebnissen der letzten Tage nicht eingehen. Später gesellte sich noch Pamina zu mir, die mit der Goldlackfarbe des Blitz, die wir als Ersatz dabei hatten, nach meinen Vorgaben freundlicherweise die magischen Zeichen des Zauberklinge Geisterspeer auf meinem einfachen Streitkolben anbrachte. Sie konnte wirklich gut Zeichnen, muss ich sagen. Ansonsten verlief die Nacht aber beruhigend Ereignislos.
Wir fuhren früh am nächsten Morgen los, uns war durchaus bewusst, dass wir nicht herumtrödeln konnten. Bald hinter der Stadt erreichten wir ein Gehöft bei dem es ausgesprochen lebhaft zuging und über dem eine improvisierte Standarte die Anwesenheit von Arkos Shah verkündete. Der Weg verließ nun den Fluss und das Land wurde trockener, der warme Wind kam heute aus Rahja vom Meer her. So fuhren wir unbehelligt bis Nachmittag vor uns hin, als eine Staubwolke von hinten heranbrauste. Arkos Shah holte in seinem aranischen Streitwagen langsam auf. Als er sich uns näherte waren die langen Sicheln an seinen Rädern deutlich zu sehen und seine Lanzenreiterinnen legten ihre Dschadras auf uns an. Da war wohl einer auf Ärger aus. Wir schirmten unseren Wagen so gut es ging vor den Reiterinnen ab, aber Arkos setzte zu einem gekonnten Überholmanöver an. Das Land war hier so eben und trocken, dass es eigentlich egal war ob man auf der Straße bliebt oder nicht. Sein Duell mit Kugor entschied er dummerweise für sich, en hässliches Knirschen und Knacken war zu hören, als seine Sicheln sich in die Speichen unserer Räder gruben. Wir schafften es von da an nur noch in langsamster fahrt bis zum nächsten Bauernhof, wo Kugor erneut notdürftig die Speichen austauschte, dabei beständig auf zwergisch fluchte und sichtlich Schwierigkeiten hatte. Während wir noch zum Halt gezwungen waren überholten uns Hasrabal und Rondrina erneut.
Durch den ungeplanten Stop erreichten wir das kleine Städtchen Dorgulawend erst am späten Abend. Die Umgebung des Ortes war deutlich grüner als der Rest der Ebene, irgendwo musste es also eine größere Wasserquelle geben. Das auffälligste Gebäude des Ortes war ein großer, grauer Klotz, der sich als Marbotempel herausstellte. Die sah man ja nicht so häufig, weswegen schnell meine Neugier geweckt war. Während die anderen sich in Richtung der Herberge aufmachten blieb ich noch für ein kurzes Gebet und ein freundliches Gespräch mit der Geweihten Kelbara zurück. Die Dame hatte zwar eine anstrengende Art sich möglichst mystisch auszudrücken und verstand das Leben wohl nur als Übergang ins Totenreich, den man nicht allzu schwer nehmen sollte, aber ansonsten war sie recht angenehme Gesellschaft. Ich erfuhr, dass gestern eine Geweihte mit goldglitzerndem Wagen, vermutlich Praiane vom Fluss, hier ebenfalls einen Reparaturhalt einlegen musste. Dabei gab sie mir den Hinweis, dass es in der Stadt einen hervorragenden Stellmacher namens Abdul geben würde, was unserem Gefährt sicher auch nicht schaden konnte, was ich später direkt an Kugor weitergab. Somit war für unseren Wagen eine nächtliche Inspektion und Reparatur ebenfalls gesichert. Ich verabredete mich mit Kelbara noch auf einen Tee zum Abend in der Herberge und ließ ihr einen Dukaten im Opferstock.
Den Tee, entweder eine örtliche Spezialität der ihre eigene Mischung, das habe ich nicht so richtig herausbekommen, brachte sie sogar selbst mit. Mir wäre ein ordentliches Bier zwar lieber gewesen, aber ich war ja nicht unhöflich. Der Tee schmeckte etwas streng und metallisch, aber trotzdem sehr gut. Yazinda nippte ebenfalls daran und meinte, ich solle nicht zu viel davon nehmen, er könne vielleicht berauschend wirken. Nur, dass mich das eben gerade nicht dazu animierte, mich zurückzuhalten. Im Gespräch mit Kelbara ergab sich, dass Boran der Zerstörer wohl für Al’Anfa fuhr. Und als das Gespräch auf das Rennen, die Aufaben und den heiligen Leomar kam, der ja Träger Siebenstreichs war, erzählte sie uns, dass der das dazugehörige Schwertgehänge wohl von Zwergen erhalten hatte. Wir sollten doch einmal die Erzzwerge in Fasar dazu befragen, vielleicht wusste das kleine Volk mehr dazu. Ich konnte nicht sagen ob es an der Unterkunft oder dem Tee lag, aber ich schlief in dieser Nacht wirklich hervorragend!
Am nächsten Tag brachen wir mit unserem frisch hergerichteten Wagen früh auf und fuhren an diesem Tag unbehelligt bis Awallakand und gleich am nächsten Tag weiter bis nach Floeszern, das wir gegen Mittag erreichten. Hier gab es, wie Kugor uns erzählte, bei niedrigem Wasser eine gut befahrbare Furt über den Gadang. Leider führte der Fluss im Travia mehr Wasser und vor der Stadtmauer herrschte am Übergang ein regelrechter Stau, darunter einige andere Rennwagen. Ich sah Rondrina, Reo, Praia, Sawine und sogar den Katapultwagen der Zwerge. Auf der anderen Flussseite verschwand gerade ein norbardischer Kastenwagen in der Ferne. Seltsamerweise fuhren die Zwerge ein Stück Flussabwärts und überraschten dann alle, indem sie ihren Wagen mit Schotten abdichteten und Ruder ausfuhren. Das verdammte Ding hatte nicht nur ein Katapult sondern konnte sogar zum Boot umgebaut werden! Mit den Ponys im Schlepp hintendran machten sie sich langsam aber unaufhaltsam daran den Gadang zu überqueren.
Wir würden Stunden verlieren, wenn wir uns jetzt hier einreihten und dann als letzte den Fluss überquerten. Daher erzählte ich den Anderen, wir müssten etwas oberhalb des Dorfes zu einer weiteren Furt fahren von der ich wüsste. Was natürlich glatt gelogen war, aber ich hatte einen anderen Plan und sie nahmen es mir einfach ab, da sie sich hier genauso wenig auskannten wie ich. Als wir außer Sicht des Dorfes waren steig ich vom Pferd ab ins Wasser und rief einen Elementargeist herbei. Erst beim zweiten Anlauf gelang es mir das Wesen freundlich zu stimmen und davon zu überzeugen, dass Wasser soweit tragfähig zu machen, dass wir mit dem Wagen und den Pferden den Gadang hier wie auf einer Brücke überqueren konnten. Den Fragen und dem erstaunen von Kugor, Yazinda und Callen ich so gut es ging aus – ich wäre hier um sicherzustellen, dass wir gewinnen könnten, das war das wichtigste. Als wir zurück zur Straße fuhren waren die Zwerge ebenfalls herüber und schon abfahrbereit. Das mir mittlerweile wohlbekannte zischen ertönte, und wieder schossen die kleinen Gesellen mit ihrem Katapult auf uns. Jetzt hatte ich die Faxen dick! Ich sagte Kugor, er solle schon einmal losfahren, ich würde gleich folgen, und ritt auf den Holzklotz den die Zwerge einen Wagen schimpften zu. Dann nahm ich das Caldofrigo-Amulett vom Hals, das ich seit Zze-Tha mit mir herumtrug und aktivierte seine Macht. Von den Zwergen war ein Fluchen zu hören – ich konnte nur ahnen welche Hitze jetzt im inneren ihres Wagens herrschen musste. Auf jeden Fall vermutlich so viel, dass sie die nächste Stunde nicht losfahren würden. Dann folgte ich Kugor.
Der Wind wurde wärmer, trockener und trug nun Sand, Staub und die Hitze der praioswärts gelegenen Wüste mit sich. Ich bekam Kopfschmerzen von der ungewohnten Wetterlage. Am Abend errichten wir endlich Fasar, wo Kugor sich als ortskundiger Führer erwies, da er hier einige Zeit in der Arena gefahren war. Meine eigenen Erinnerungen an die Stadt waren eher negativ. Es ist nicht die schönste Erfahrung im eigenen Körper als Gefäß einen Dämonen in den Borontempel zu verfrachten, um diesen in die Niederhöllen zurückzuschicken. Dafür war die große steinerne Sphinx vor der Stadt immer noch eine imposante Erscheinung. Kugor lotste uns ins Arenaviertel, weil er dort wohl Leute kannte auf die er sich verlassen konnte. Bei einer Mietskaserne in der Nähe der Gladiatorenschule stellten wir unsere Pferde und den Wagen ab und überließen das Kümmern seinen Bekannten. Wir selbst machten uns direkt zum Rondratempel auf, um wenigstens etwas Zeit gut zu machen. Allerdings wurden die Straßen in Fasar erst Abends richtig voll, so dass wir mit dem Verkehr der Stadt mitfließen mussten. Eine Passage auf den Hochstraßen wäre jetzt gelegen gekommen, aber dazu hätten wir eine Erlaubnis der Erhabenen gebraucht. Als wir ankamen drang zu meinem Schrecken schwarzer Rauch aus dem inneren des Tempels und es roch brandig. Allerdings standen die Passanten nur staunend und meckernd herum, anstatt zu helfen. Sofort drängte ich mich nach vorn. Als ich den Tempel fast erreicht hatte spürte ich einen stechenden Schmerz am Arm, ein Wurfdolch hatte sich durch meine Kleidung gebohrt. Als ich mich umsah war der erste, auf den mein Blick fiel Callen – und eine panische, irrationale Angst vor ihm erfasste mich. Da er hinter mir war wich ich, die Hände abwehrend in seine Richtung gestreckt, vor ihm in den Tempel zurück.
Drinnen Roch es nach Pech und Schwefel, die Wandteppiche und Vorhänge standen zwar nicht lichterloh in Flammen, kokelten aber vor sich hin. Aus der Gebetshalle weiter hinten drang der Rauch dichter heraus. Der erste Körper über den ich fast stolperte gehörte einem stark verbrannten Geweihten im Kettenhemd, das teilweise geschmolzen war. Ich brauchte nur einen kurzen Blick um zu sehen, das ihm nicht mehr zu helfen war. Neben der Statue der Rondra sah ich voraus eine weitere Gestalt liegen. Auch diesem würde ich nicht helfen können, aber ihre Körper waren noch warm, ja eher regelrecht heiß. Schnell hintereinander fand ich so insgesamt 5 Geweihte. Was war hier geschehen? Ganz hinten im letzten Eck fand ich die Quelle des Qualms. Der Boden selbst schien in einer Mulde zu einer bunten Masse verschmolzen zu sein. Das war dann wohl das Mosaik, das uns einen Hinweis hätte geben sollen… wenn ich meine Finger an diese Mörder und Tempelfrevler legen könnte… es würde keine Gnade geben!
Links der Rondrastatue nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung war und rannte, meine Waffe ziehend dorthin. Aber es waren nur zwei kleine, hustende Kinder in weiß-roten Novizengewändern. Ohne lang herumzutun steckte ich meinen Streitkolben weg, packte mir links und rechts jeweils einen unter den Arm und schleppte sie Richtung Ausgang. Als sich Yazinda mir vor der Tempelpforte anschloss und die Kinder fürsorglich übernahm berichtete sie, dass sie an den Körper der Toten Stiche, Schnitte und Kampfspuren gefunden habe. Das deckte sich dann auch mit dem, was die verängstigten Kinder erzählten. Lumpenpack sei in den Tempel gekommen und habe überraschend Messer und Armbrüste gezogen und sich über die Priester hergemacht. Ihr Meister, sein Name war Fezir und die übrigen Geweihten, hätte sogar vor Angst gewimmert, bevor sie ihm in den Kopf geschossen hatten. Nun waren sie in Sorge, denn sie hätten sich versteckt und Rondra habe ihre Feigheit gesehen, obwohl sie ebenfalls den Tempel gegen die zwei Dutzend Halunken hätten verteidigen müssen. Sie waren sich nur sicher, dass die Männer nicht von hier waren, sondern „Nordländer“, denn sie hätten Garethi gesprochen. Und hinten beim Mosaik hatten sie dann, auch wenn die Kinder sie da nicht gesehen hatte, weitere unverständliche Dinge gemurmelt. Immerhin konnten sie uns halbwegs Auskunft geben, was auf dem Mosaik früher zu sehen gewesen war. Eine Höhle mit Rondra der stürmischen in ihrer Löwenform darin, auch eine Sphinx sei bei der Göttin gewesen. Früher habe es ja eine Sphinx in Fasar gegeben, wovon die große Statue zeuge. Dann kamen endlich die Soldaten der Garnison an, um zu helfen. Und ich fragte mich, was wohl so heiß brennen mochte, dass nicht nur das Mosaik schmolz sondern auch noch alles andere im Tempel anfing zu kokeln. Mit was hatten diese Schurken den heiligen Boden entweiht? Spontan fielen mir nur wenige Dinge ein, die heiß genug wären eine solche Wirkung zu erzielen. Drachenfeuer natürlich, aber von einem Drachen hatte hier niemand berichtet, der wäre wohl aufgefallen. Der borbaradianische „Brenne Toter Stoff“ in der seiner heißesten Variante mochte vielleicht geeignet sein. Ein Flammendämon wie der Azzitai? Aber auf geweihtem Boden? Oder der von mir selbst erst genutzte Caldofrigo in einer übersteigerten Form? Aber dazu müsste man ihn schon herausragend gut beherrschen. Egal was es war, ich würde nicht umhin kommen noch einmal in den Tempel zu gehen und die vermutlich vorhandene Reststrahlung der Magieanwendung zu prüfen. Und danach würde ich die Kinder in den Tempel des Rondrasohns Kor bringen. Mochten sie dort Aufnahme und später vielleicht einmal ihre Rache finden.
Nachdem wir uns kurz vor dem Tempel gesammelt hatten bat ich Callen für kurze Zeit das Kommando übernehmen zu dürfen. Ich wollte ihn als Adligen nicht einfach in aller Öffentlichkeit herumscheuchen. Er gab mir seine Erlaubnis, also verteilte ich die Arbeiten. Yazinda sollte sich weiter um die Novizen kümmern, bis ich wieder aus dem Tempel da wäre, ich wollte unbedingt noch einmal hinein etwas nachsehen. Kugor hieß ich zum Hesindetempel zu eilen, deren Wissen und Fähigkeiten würden wir mit Sicherheit hier brauchen können, außerdem hätten diese im Gegensatz zu mir wenigstens etwas Autorität an diesem Ort, falls es Konflikte geben mochte. Und schließlich bat ich Callen wegen der Toten zum Borontempel zu gehen und einen Geweihten zu organisieren, und dabei gleich dem Raben von Fasar einen freundlichen Gruß von mir auszurichten. Vielleicht mochte uns das helfen, auch wenn mein letzter Besuch in Fasar schon Jahre zurücklag und mein Kontakt zu dem Hochgeweihten nur ein einmaliger und kurzer war. Ich hörte noch wie die Novizen Yazinda erzählten, dass das Mosaik vor etwa 200 Jahren gefunden worden war, als ein Wagen und Reiter durch die Menschenmenge heranfuhr und ich die herrische Stimme von Praiane vom Fluss erklingen hörte, die wegen der Novizen eine hitzige Diskussion mit Yazinda begann.
Ich ging eilig noch einmal in den Tempel, wo die Gardisten mittlerweile die Schwelbrände unter Kontrolle hatten. Die meisten der kokelnden Gegenstände waren einfach vor den Tempel verfrachtet worden. Allein um meinen verdacht zu erhärten, mir fiel auch immer noch nichts Besseres ein, wirkte ich einen Odem Arcanum in Blickrichtung des geschmolzenen Mosaiks. Allein… es fand sich nicht das kleinste Anzeichen für arkanes Wirken! Das verwunderte mich nun doch gewaltig, schürte aber gleich darauf einen weit schlimmeren Verdacht. Mochte es sich hier gar um das Wirken von Dienern des Namenlosen handeln? Hierzu würden mir dann aber erst die hoffentlich kommenden Diener der Hesinde weiterhelfen können. Dummerweise hatte Praia vom Fluss die Diskussion mit Yazinda wohl beendet, die beiden Novizen nun selbst im Schlepptau, verlangte herrisch nach Auskunft die ich auch freundlich erteilte, versenkte sich dann ins Gebet und verschwand kurz darauf im hinteren Teil des Tempels. Ich wäre ihr gerne gefolgt, aber der böse Blick den sie mir bei dem Versuch zuwarf ließ mich dann doch lieber im Tempelraum warten.
Kugor, der sich ja in Fasar auskannte und wohl kein Problem gehabt hatte den Weg zu finden kam als erster mit einem Geweihten namens Efidros zurück, seinen Insignien nach sogar der Hochgeweihte der Schlange in dieser Stadt. Ich näherte mich dem Geweihten mit der gebotenen Höflichkeit und bat ihn um seine Meinung zu dem Thema namenloses Wirken, was leider auch bedingte, das ich mich ihm auf seine scharfe Nachfrage offenbaren musste. Mein martialischer Aufzug gepaart mit meinem ungewöhnlichen Wissen machte mich in seinen Augen sicher zumindest suspekt. Als ich mich dann als Magister Auxiliarum der Dracheneiakademie inkognito und Entdecker der Bircha-Rollen, das war ja nicht weit von hier gewesen, zu erkennen gab, schien in aber in seiner Gunst und seinem Ansehen deutlich zu steigen, so dass er bereit war mit mir zu kooperieren. Ich konnte nicht genau sagen was er tat, als er sich ins Gebet versenkte, aber es dauerte nicht lange, da bestätigte er meinen Verdacht mit sorgenvoller Miene. Hier hatten sich Diener des Rattenkinds in unsere heilige Queste eingemischt. In Fasar hatten sie mit denen wohl ein dauerhaftes Problem und es hieß, so mancher Bettler stünde dem Namenlosen näher als den Zwölfen. Aber einen Angriff auf einen Tempel hätte es seit 150 Jahren nicht mehr gegeben. Alles weitere wollte er aber nicht so offen mit mir diskutieren, auch da er mich noch weitere Dinge Fragen wollte.
Auch Callen war unterdessen angekommen, hatte aber statt eines Boronpriesters gleich eine ganze Hand Golgariten im Gefolge, die sich wenig erfreut über das zeigten, was sie hier vorfanden.
Wir eilten daher über den Platz vor dem Tempel zu einem kleinen Laden gegenüber, der nach seinem Schild „Schriftrollen, Antiquitäten und andere Interessante Dinge“ offerierte. Die Inhaberin, eine ältere Dame namens Darena, schloss den Laden und sollte hier für den Geweihten als Protokollantin dienen. Die beiden schienen sich gut zu kennen und eine eingespielte Arbeitsweise zu haben. Noch während ich mich den Fragen des Hesindedieners stellte, was unsere Aufgabe war, wer von uns welche Rolle hatte, was wir den bisher wussten, wo wir gedachten weiterzusuchen fiel es mir bei seinen Anmerkungen wie Schuppen von den Augen. Praia vom Fluss war im Rondratempel verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Sie als Geweihte wusste natürlich, wo sie suchen müsste… in den Tempelarchiven! In höchster Eile begab ich mich zurück in den Tempel, seine Gnaden Efridios im Schlepptau, und suchte nun doch den deutlich weniger prunkvollen, eher wehrhaften aber dafür unversehrten hinteren Teil des Rondratempels auf. Auch einer der Golgariten schloss sich uns an, Kugor war hinter mir und bald auch der Rest, so dass wir die kleine Kammer mit der Bibliothek als regelrechte Prozession erreichten.
Unser auftauchen war ihr sichtlich nicht recht, sie schien schon mehrere Schriften gesichtet und sortiert zu haben, die beiden Novizen gingen ihr offenbar zur Hand. Insbesondere den Golgariten Alrigio wollte sie unbedingt loswerden, und da er hier auch keinen Auftrag hatte schickte sie ihn fort, sich um die Toten Brüder zu kümmern. Mich würde sie allerdings so leicht nicht loswerden! In meinem freundlichsten Tonfall bat ich sie, immerhin war sie die ranghöchste und einzige Dienerin Rondras hier am Ort, um ihre Erlaubnis, im Sinne der uns beiden gestellten Queste so wie in Barburin zu Beginn der Fahrt ebenfalls nach Erkenntnissen suchen zu dürfen. Ihr Missfallen war offenkundig und sie überlegte sichtlich, fand aber gegen meine Ansprache keine Einwände. Sie stellte nur die Bedingung, dass wir unser Wissen, so wir denn etwas fanden, mit ihr teilen müssten, worauf ich mich gerne einließ. Praia deutete Callen und mir sogar als erste Hilfe auf eine von ihr bereits gesichtete Kladde und eine Schriftrolle, die ihrer Meinung nach auch uns nützen könnten. Das war quasi so etwas wie ein Friedensangebot, dass ich gerne annahm.
Die Schriftrolle befasste sich mit dem Tempelumbau wegen des maroden Bodens, bei dem überraschend in den Grundmauern das Mosaik als Teil des alten Rahandra-Tempels gefunden worden war. Darin wurde es als zwergische Arbeit beschrieben, eine große Entdeckung, die man mit dem Amazonenvolk geteilt habe, das wohl auch irgendwie damit zu tun hatte. Das warf uns wiederum etwas zurück, denn die Amazonenprinzessin, die ja auch am Rennen teilnahm, dürfte somit nicht nur vor uns sein sondern auch einen ordentlichen Vorsprung auch an Wissen haben. Die Kladde enthielt Rechnungen der Bauarbeiten, die auf einen Zwerg namens Garbolosch, Sohn des Garbosch verwiesen. Bei der Lebensspanne der Zwerge mochte dieser sogar noch aktiv sein. Kugor, der sich erneut Praya gegenüber unbotmäßig verhielt, und Yazinda, die der tulamidischen Schrift ohnehin nicht mächtig war, bat ich, sich anderen Aufgaben zu widmen, vielleicht unterdessen bei den Zwergen vorstellig zu werden, während Callen mir hier erneut behilflich sein sollte. Der Angroscho war konnte wirklich nervtötend sein und hatte keinerlei Gespür für angemessenes zwischenmenschliches Verhalten.
Im Weiteren fanden Callen und ich aber trotz stundenlanger Suche nicht viel weiter Erhellendes. Das auf dem Bild Rondra als Löwe mit einer Sphinx und dem Donnersturm in einer Höhle abgebildet war wussten wir ja schon von den Novizen. Es wurde spekuliert, das Mosaik hätte sogar von Leomar selbst gestiftet worden sein können. Und wir fanden einen Schriftwechsel von Meister Fezir mit Ayla vom Schattengrund, in dem dieser angewiesen wurde den Rennteilnehmern freies Geleit und Zugang zur großen Tempelhalle mit dem Mosaik zu gewähren. Ansonsten war Callens und mein Werk allerdings ziemlich fruchtlos. Es dauerte Stunden, bis Kugor und Yazinda wiederkamen, was Praia vom Fluss natürlich nicht entging. Auf die Frage, ob sie denn etwas neues herausgefunden hätten, verneinte Yazinda das glattweg – eine Lüge wie sich herausstellte, als wir den Tempel verließen und sie uns erzählten, was bei den Zwergen vorgefallen war. Das war mir wirklich zuwider. Nicht nur, eine Geweihte anzulügen, was eh schon gegen meine Prinzipien verstieß, sondern auch noch solcherart gegen den Geist dieses Rennens zu verstoßen, wie ich ihn verstanden hatte. Als ich sie dafür rügte und mich anschickte zu Praia zurück zu gehen, war sie aber zumindest bereit, Verantwortung für ihre Tat zu übernehmen und ging mit, um sich zu entschuldigen. Eine eher peinliche Szene… um nicht alles blankweg preiszugeben, was Kugor und Yazinda sich erarbeitet hatten, aber
Praia zumindest auf den richtigen Weg zu führen, erklärte ich ihr, sie solle doch noch einmal sorgfältig die Unterlagen und die Rechnungen prüfen, auf welche sie uns zu Anfang hingewiesen hatte, es könnte sein, dass sie darin etwas übersehen hätte. Ich glaube, ich hatte hier richtig gehandelt und mir damit auch ein bisschen ihren Respekt verdient.
Was Kugor und Yazinda bei den Zwergen herausgefunden hatten, neben einem Haufen Essen, war folgendes. Der Zwerg, der die Rechnung gestellt hatte vor 200 Jahren lebte noch und war mittlerweile das Sippenälteste Väterchen in Fasar. Und offenbar ein rechter Zahlenmystiker, denn das waren zum Teil recht abenteuerliche Deutungen, was er da vornahm. Das 76. Donnersturmrennen stünde unter einem schlechten Stern, denn die Quersumme daraus sei 13, so dass wohl der Namenlose seine Finger im Spiel hätte. Nun ja, das mochte ein Zufallstreffer sein. Daraus wiederum die Quersumme sei 4, was auf Travia hindeute, und war nicht das rennen just am 4. Travia gestartet? Wenn man sich dem nicht von der Götterseite, sondernd wegen des Namenlosen anders herum nähere, käme man dann bei Lolgramoth heraus. Und die 4 der Travia mit der 4 des Tages wäre die 8, so dass man einen Hinweis auf Asfaloths Einfluss habe. Waren nicht asfalothische Fliegen am Beginn des Rennens über unsere Pferde hergefallen? Andererseits… ich hielt von solchen Dingen nicht übermäßig viel. Mit den richtigen Herleitungen konnten sich diese Zahlenmystiker alles schön rechnen, so wie es ihnen in den Kram bei der Deutung passte. So richtig daran glauben mochte ich nicht, aber es würde auch nichts schaden die Augen weiter und in diese Richtung offen zu halten…
Dafür waren die Erkenntnisse in Richtung des Mosaiks schon deutlich konkreter. Es war nicht von Leomar, sondern von einem Al Faschir zu ehren Leomars gestiftet worden. Und der Donnersturm wurde, entgegen Kugors ständigen Behauptungen, wohl von den Erzzwergen in Auftrag Angroschs geschmiedet vor 2000 Jahren, nicht von Angrosch selbst.Ein kleiner, aber feiner Unterschied will ich meinen. Ebenso hätten die Erzzwerge die Scheide Siebenstreichs für Leomar geschaffen, aber was den Spruch darauf anginge sollten wir in Punin bei Turgosch, Sohn des Tarbosch nachfragen. Dieser sei Gelehrter und kenne sich mit der Schmiedehistorie besser aus als das Väterchen, der eben doch ein Handerker sei. Wo aber die Höhle auf dem Mosaik zu finden sei, das könne er uns nicht sagen. Wer es aber wissen müsste sei die Sphinx – also nicht die aus Stein vor der Stadt, sondern die echte aus Fleisch und Blut die dafür Modell gestanden hatte und nun tief unter Fasar leben würde, in den Katakomben. Einen Zugang zu diesem Labyrinth könne uns seine Sippe jedoch gerne am nächsten morgen zeigen, nur hinunterführen würden sie uns nicht. Daher begaben wir uns zur Ruhe, würde es doch eine kurze Nacht werden, wenn uns die Zwerge im Morgengrauen schon wieder wecken würden.
Und so geschah es. Nach einem knappen und schnellen Frühstück warteten bereits zwei Angroschim auf uns die uns nach Süden vor die Stadt in ein Ruinenfeld brachten. Wir hatten uns für eine längere Kletterpartie in den Kavernen ausgerüstet, am bemerkenswertesten war dabei, dass Kugor einen ewig leuchtenden Bergkristall besaß, der uns das Arbeiten unter Tage deutlich erleichtern dürfte. Die Zwerge zeigten uns eine Stelle, wo wir den Sand wegschaufeln sollten um durch eine Falltür in die Kanäle von Fasar zu gelangen. Und wenn wir wieder herauskamen, sollten wir die Türe auch wieder schließen und zuschütten. Dafür gaben sie uns eine recht eindeutige Wegbeschreibung, die wir uns merken sollten. Unten dem Wasserkanal gen Norden folgen, die erste Abzweigung rechts in einen sehr schmalen Nebenkanal, der am Ende zugemauert sei. Die Wand müssten wir aufbrechen, weswegen Kugor noch einmal zurückging um ein Brecheisen zu holen, und dann den Schacht hinabsteigen. Von dort sollten wir einfach immer nur abwärts und nie aufwärts gehen, bis wir den Spiegelsee erreichten, in dem die Sphinx lebe. Wir sammelten noch unsere Seile zusammen damit diese für steilere Abstiege ausreichten und ich gab Yazinda meine Kletterhaken. Ich hatte diese ohnehin nur dabei um Gefährten zu sichern, für mich selbst brauchte ich sie ja schon lange nicht mehr. Ich dränge mich nie gerne in den Vordergrund, deswegen überließ ich auch Yazinda das erste Klettern, die meinte sie wäre darin ganz passabel. Ich würde einfach immer als letzter absteigen um den Rest zu sichern, sie würden bald genug sehen das ich klettern konnte.
Das erste Mal benötigten wir einen Kletterhaken nach der durchbrochenen Mauer um den Abstieg in den Schacht zu sichern. Zuerst ließen wir Kugor herunter, was mehr dem Ablassen eines vollen Bierfasses entsprach als das er selbst viel dazu beigetragen hätte. Yazinda stellte sich recht ordentlich an, aber ich dachte nicht, dass sie schon für eine echte Gebirgspartie bereit wäre. Callen hingegen merkte man an, dass er eher auf dem Pferderücken als in engen Schächten zuhause war. Wir bekamen ihn unfallfrei hinunter, aber ohne Hilfe wieder hinaufzusteigen dürfte für ihn sehr schwer werden. Zuletzt warf ich das Seil hinunter, da ich davon ausging es später noch einmal zu benötigen, was lautstarken Protest von Kugor nach sich zog, der schon den Rückweg abgeschnitten sah. Dann stieg ich ungesichert hinab und erklärte ihm, genau so würde auch das Seil wieder hinauf kommen, indem ich dann vorkletterte. Ich war ja in meinem Leben wahrlich schon genug über Felsen und Berge gekraxelt…
Hier unten war es staubig und trocken, spuren anderer Wesen sah man keine. Vermutlich waren wir die ersten seit Jahrzehnten, die hier wandelten. Zwei Stundengläser etwa wanderten wir durch die dunklen Gänge, immer den Weg suchend der uns weiter in die tiefe führte, was manchmal gar nicht so eindeutig war. Aber „unten“ war eine recht eindeutige Wegbeschreibung, bei der man sich kaum verlaufen konnte. Trotzdem markierte Yazinda unseren Weg mit einem dicken Kohlestift an Abzweigungen mit einem X, so dass auch der Rückweg recht einfach werden würde. Schließlich erreichten wir die angekündigte Höhle. Die Zwerge hatten nicht zu viel versprochen und der Name war wirklich treffend. Die Kaverne spannte sich mit einer riesigen Kuppel über uns, in deren Mitte ein schwarzer Punkt von einem ehemaligen Brunnen kündete. Der See lag glatt und silbern vor uns, wahrlich wie ein richtiger Spiegel, der Kugors Licht hell reflektierte und so die ganze Höhle ausleuchtete. Das Gewölbe war nahezu Kreisrund und das Ufer lief einmal vollständig um den See, an dessen Ufer eine Art gemauertes, unregelmäßiges Steinbecken stand und dem sich eine Kugel, ein Loch und mehrere Steine befanden, fasst wie ein Geschicklichkeitsspiel, das ich einmal auf einem Markt in Gareth gesehen hatte. Ein hölzernes Kästchen, bei dem man die Kugel ohne die eingesteckten Stäbchen zu berühren in ein Loch bugsieren musste indem man geschickt das Kästchen hin und her bewegte.